Kommt Gender-Überwachung der Redezeiten im Nationalrat?
Der Zürcher Gemeinderat will protokollieren, wer wie oft und wie lange redet. Auch im Nationalrat will man auf die Untervertretung der Frauen aufmerksam machen.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Zürcher Stadtparlament wird ein «Genderwatch-Protokoll» eingeführt.
- So soll der Verdacht bestätigt werden, dass Männer mehr Redezeit als Frauen haben.
- Auch im Nationalrat könnte das eingeführt werden – es würde das Problem aber nicht lösen.
Der Zürcher Gemeinderat hat knapp eine Motion zur Einführung eines «Genderwatch-Protokolls» angenommen. Künftig soll niedergeschrieben werden, wer wie oft und wie lange im Parlament der grössten Schweizer Stadt redet. Besonders wichtig ist dabei die Geschlechterkomponente.
Die zwei Initiantinnen, eine SPlerin und eine Grüne, hegen den Verdacht, dass Frauen weniger reden als Männer. Mit dem Protokoll wollen sie nur auf das Problem aufmerksam machen, sagen sie. Bei der Vertretung von Frauen in der Politik reiche es nicht, die Sitze zu zählen, sondern auch, sie zu Wort kommen zu lassen. Es gehe auch nicht darum, die Redezeit von Männer kürzen zu wollen.
Dass Frauen in der Politik wie auch in den Medien stark untervertreten sind, ist kein Geheimnis. Zwar ist sich die Wissenschaft uneinig, wie die Repräsentation von Frauen überhaupt zu definieren ist; dennoch kämpfen Feministinnen und Feministen für mehr Fokus auf Frauenstimmen.
«Kein Garant für gute Politik»
Ein solches Genderwatch-Protokoll könnte sich die grüne Parlamentarierin Greta Gysin (TI) auch im Nationalrat vorstellen: «Mit einem sehr kleinen Mehraufwand kann man ein Instrument schaffen, das auf das Problem der Untervertretung der Frauen in den politischen Gremien aufmerksam macht.»
Für Gysin wäre das Problem damit aber nicht gelöst. Wenn Frauen numerisch unterrepräsentiert sind, dann sei es logisch, dass sie weniger Redezeit haben. «Wir müssen darum die Ursache bekämpfen, zum Beispiel mit paritätischen Listen», sagt die Nationalrätin. Vorschläge zu Hälfte-Frau-Hälfte-Mann-Listen hätten die Bürgerlichen jedoch systematisch abgelehnt.
Die Gewerkschafterin merkt noch an: «Die Länge der Voten und der Redezeit ist keine Garantie für gute Politik.» Es gebe Politikerinnen und Politiker, «die sehr viel sprechen, aber sehr wenig sagen».