Konkordanzgipfel futsch – Grüne zittern um Bundesratssitz
SP, FDP und CVP lassen den Konkordanzgipfel platzen und damit die Debatte um die Verteilung der Bundesratssitze. Grünen-Präsident Balthasar Glättli analysiert.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Konkordanzgipfel ist geplatzt: SP, FDP und CVP sind hässig auf die SVP.
- Damit wird vorerst nicht über einen Bundesratssitz der Grünen diskutiert.
- Auch Grünen-Chef Glättli schiesst gegen die SVP, hält aber am Bundesratsanspruch fest.
Nebst dem Corona-Lärm sorgt auch die Verteilung der Bundesratssitze im Bundeshaus wieder für dicke Luft. Ein «Konkordanzgipfel» hätte nach dem Wahlerfolg der Grünen vor einem Jahr die Zauberformel neu definieren sollen. Doch daraus wird vorerst nichts, denn die Bundesratsparteien SP, FDP und CVP sind verärgert über die SVP. Diese empfiehlt ihren eigenen Bundesrichter Yves Donzallaz nicht zur Wiederwahl, weil er nicht auf Parteilinie sei.
Rechtsstaat in Gefahr – und der grüne Bundesratssitz?
Der Konkordanzgipfel war das Angebot von CVP-Präsident Gerhard Pfister. Seine Partei hatte sogar weniger Stimmen gemacht als die Grünen. Mit den Grünliberalen macht es eine weitere Kleinpartei schwierig, die sieben Bundesratssitze angemessen auf die Parteien zu verteilen.
Der Gipfel ist nun aber abgesagt wegen dem Vorwurf, die SVP respektiere den Rechtsstaat nicht. Parteipräsident Balthasar Glättli nimmt im Interview Stellung dazu, was das aus Sicht der Grünen bedeutet.
Nau.ch: Herr Glättli, im Herbst 2019 die grosse Ankündigung, jetzt der ergebnislose Übungsabbruch. Der Konkordanzgipfel findet nicht statt, aber die Grünen können gar nichts dafür. Wird ihr Anspruch auf einen Bundesratssitz jetzt auf die lange Bank geschoben?
Balthasar Glättli: (lacht) Dieser Entscheid ist im letzten Dezember gefallen.
Nau.ch: Sind die Grünen denn überhaupt einverstanden, dass der Gipfel geplatzt ist?
Balthasar Glättli: Aus unserer Sicht wäre es durchaus eine Option gewesen, die Gespräche auch ohne die SVP weiterzuführen. So könnte man der SVP signalisieren, dass solch eine fundamentale Verletzung des Rechtsstaats, der Gewaltenteilung, den Ausschlag geben kann, ob eine Partei an der Regierung beteiligt werden soll oder nicht.
Meine Hoffnung ist, dass die anderen Bundesratsparteien jetzt tatsächlich auch Druck auf die SVP machen. Ziel müsste ja nicht ein Rauswurf der SVP sein, sondern dass die SVP die Grundprinzipien des Rechtsstaates wieder respektiert!
Nau.ch: Das heisst, Sie können die Reaktion der drei Bundesratsparteien durchaus nachvollziehen?
Balthasar Glättli: Nachvollziehen kann ich, dass man sagt: In der demokratischen Diskussion gibt es gewisse Limiten. Zweitens ist es aber halt so, dass es für die anderen drei Bundesratsparteien weniger schwierig wird, über die Sitzverteilung zu reden.
Nau.ch: Weil die SVP weg vom Fenster ist und ihre Sitze ebenfalls verteilt werden können unter «alten» und «neuen» Parteien?
Balthasar Glättli: Es gibt jetzt zwei Varianten: Entweder sie meinen das ernst, dann sollen sie das aber auch so sagen. Oder es ist faktisch eine wohlklingende Hintertür, um aus der Diskussion über eine neue Zauberformel auszusteigen. Ich hoffe auf das Erste: Dass sie es ernst meinen.
Nau.ch: Das hiesse: Die grösste Partei würde aus der Regierung geworfen. Das wäre wiederum auch nicht gerade konkordant. Wollen das die Grünen?
Balthasar Glättli: Wir haben im letzten Dezember unseren Sitz nicht auf Kosten der SVP eingefordert. Sondern auf Kosten der am meisten übervertretenen Partei, der FDP. Die Frage, ob eine Partei, welche die Gewaltenteilung brutal missachtet, einen Platz im Bundesrat hat oder nicht, diese Frage hat mit der numerischen Konkordanz nichts zu tun.
Nau.ch: Steckt die Zauberformel-Diskussion jetzt in einer Sackgasse oder sehen sie einen Ausweg? Ein neu lancierter Konkordanzgipfel kann ja kaum erst kurz vor den nächsten Wahlen ein Ergebnis liefern.
Balthasar Glättli: Eingeladen hatte ja Gerhard Pfister. Wir Grünen bleiben bereit, weiter zu diskutieren, durchaus auch in der kleinen Runde ohne SVP.