Konkret: Hat Ueli Schmezer bei SVP-Lothe abgekupfert?
SVP-Politikerin Camille Lothe ist in Rage: Ueli Schmezer soll sich für seine Nau.ch-Kolumne bei ihr inspiriert haben. Wahrscheinlich unwahrscheinlich.
Das Wichtigste in Kürze
- Zwillinge im Geiste? Die Video-Kolumne von Camille Lothe (SVP) hiess «Uf dä Punkt».
- Diejenige von Ueli Schmezer (SP) bei Nau.ch: «Auf den Punkt».
- Ein Boomer, wer nichts Böses dabei denkt. Ein Kommentar.
Die Video-Kolumne von SVP-Politikerin Camille Lothe wurde eingestellt. Das ist die einzige gesicherte Erkenntnis, die wir berichten können, wobei es auch schon ein Jahr her ist seit der letzten, finalen Ausgabe. Alles andere ist eher verschwommen und unklar, bisweilen gar falsch, aber Rettung naht.
Verwechslungsgefahr: «Auf den Punkt» = SP, «Uf dä Punkt» = SVP
Den Punkt ins Rollen gebracht hat Camille Lothe selbst. Ihr ist zwei Monate nach der Lancierung aufgefallen, dass a) Ueli Schmezer eine Video-Kolumne bei Nau.ch hat und b) diese «Auf den Punkt» heisst. Also fast genau gleich wie die damalige Video-Kolumne von Camille Lothe, die «Uf dä Punkt» hiess.
Die Vermutung lag nahe: Letztere ist wegen der frappanten Namensähnlichkeit schon ein Jahr im Voraus eingegangen. Weswegen Lothe auf Twitter lautstark reklamiert: Da investiert man Zeit und Geld und denkt sich Konzept und Titel aus und dann das. Ein Boomer klaut alles.
Das ist natürlich tragisch, fast so tragisch wie zuzugeben müssen, dass nicht ganz alles stimmt. Es gibt nämlich noch eine zweite gesicherte Erkenntnis, sorry: Mit Jahrgang 1961 ist Ueli Schmezer tatsächlich ein Boomer. Falsch liegen allerdings Lothes Twitterfreunde, die kalauern: «Du der Zoomer und der andere der Boomer, hihi». Lothe ist «Generation Y», ein Millenial also und darum nur halb so cool wie ein «Gen Z».
Darf der das?
Falsch ist natürlich auch, dass Ueli Schmezer den Titel seiner Kolumne bei Camille Lothe geklaut hat. Weil Nau.ch, «Bizli unverschämt, nicht?», ihm das gesteckt hat, weil wir nämlich im Gegensatz zu Schmezer die Lothe-Videos gekannt haben sollen. Ups, stimmt, dritte gesicherte Erkenntnis: Haben wir.
Vor fast genau vier Jahren haben wir einen Artikel über eine «Uf dä Punkt»-Ausgabe geschrieben. Seither haben wir schätzungsweise 20'000 weitere Politik-Artikel geschrieben, aber als die Stichworte «Schmezer» und «Video-Kolumne» fielen, haben wir sofort gedacht: «Auf den Punkt», wie Lothe! Nein, nein, nur Spass.
Ueli Schmezer hat seine Idee natürlich bei der Kolumne «Auf den Punkt» des Kölner Stadt-Anzeigers stibitzt. Nicht? Dann halt bei der Video-Kolumne «Auf den Punkt» des Berliner Tagesspiegels. Oder, jetzt hab ich es, beim Podcast der Süddeutschen Zeitung, der «Auf den Punkt» heisst – das muss es sein!
Es ist klar wie Büchsenravioli im Kassensturz, den Ueli Schmezer nämlich auch nicht erfunden hat, dieser Schlufi: Sehen Sie nur mal das Logo an. Ein Mikrofon, das sagt ja wohl alles, denn das braucht es ja für eine Video-Kolumne. Und einen Video-Schnitt, wie Camille «Ich has erfunde» Lothe völlig richtig bemerkt, den der ex-TV-Mann Schmezer ja auch irgendwo herhaben muss.
Eine gefährliche Entwicklung
Die Episode sollte uns eine Warnung sein, denn man muss aufpassen, und nicht umsonst fragt sich ein Twitter-User: «Gibt es in der Schweiz keine Gesetze zum Schutz geistlichen Eigentums?» Doch, das geistliche Eigentum ist genau so geschützt wie das Privateigentum, aber versuchen Sie mal, eine Kirche zu klauen.
Die Entwicklung von stets neuen «Ideen» scheint zunehmend gefährlich zu werden. Aber wir haben natürlich einen Rat parat für Camille Lothe. Beziehungsweise sogar mehrere Räte. Erstens: Aufgepasst mit Verunglimpfungen à la «Boomer», denn die machen die Mehrheit bei den SVP-Wählern aus. Zwotens: «Uf dä Punkt» ist imfall auch nicht neu, das gab es schon 2003.
So hiess die gross angekündigte Talksendung bei «ZüriPlus», die trotz genialem Titel, einem Konzept und womöglich auch ein paar Schnitten nicht zum Welterfolg wurde. Es ist nämlich unklar, ob es davon jemals mehr als eine Ausgabe als die sensationelle allererste mit Vic Eugster vom Trio Eugster. Moderiert wurde sie von Claudia Steinmann – was wiederum Camille Lothe sogar wissen könnte.
Denn drittens heisst «ZüriPlus» jetzt «Tele Z» und «Uf dä Punkt» jetzt «Konkret» und Claudia Steinemann immer noch Claudia Steinemann. Sie begrüsst Gäste, unter anderem Camille Lothe. Deshalb der parate Rat: Nennen Sie ihre (leider nicht mehr existierende) Video-Kolumne doch «Konkret». Das ist doch fast das gleiche und so ein deutsches Wort hat ja sicher niemand gerade eben erst erfunden, ausser «Tele Z».
Zum Schluss noch dies
Wie gesagt, es ist etwas gefährlich, wenn wir beginnen, einander auf den Deckel zu geben, bloss weil irgendwas zufälligerweise ähnlich heisst und Videos geschnitten werden. Es braucht willsgott keine Vorschriften darüber, wie man eine Kolumne nennen soll, geistliches Eigentum hin oder her.
Insofern möchte man die Worte einer geistig viven Zeitgenossin, wie ein Boomer sagen würde, in Erinnerung rufen, auch wenn diese eventuell geistiges Eigentum sind: «Die Schweizer Politik zeichnet sich aktuell durch Verbote, Bevormundungen und Lenkungsmassnahmen aus. Immer häufiger greift der Staat in ganz private Lebensbereiche seiner Bürger ein und agiert als belehrender Moralapostel. Genau dieser Missstand muss dringend behoben werden.»
Das sage nicht ich, das sind die ersten Zeilen auf der Homepage von Camille Lothe.
Ach, jetzt hab ich es! «Lothe erteilt Räthe». Das ist es.