Krankenkasse: Alain Berset zieht bei Kosten die Notbremse
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat will die Prämien der Krankenkassen in den Griff kriegen.
- Mit einem zweiten Massnahmenpaket soll eine Senkung der Kosten gelingen.
- Alain Berset setzt auf eine bessere Koordination und elektronische Rechnungen.
Im Jahr 2021 sind die Gesundheitskosten stark gestiegen. Laut dem Branchenverband der Krankenkassen Santésuisse waren es im Jahr 2021 pro versicherte Person 6,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Für 2022 und 2023 rechnet der Verband mit einem Anstieg der Kosten von je vier Prozent. Dies mache eine markante Prämienerhöhung unabdingbar.
2019 hat der Bundesrat deshalb bereits Massnahmen beschlossen. Dazu gehörten ein Experimentierartikel und ein Referenzpreissystem für Generika. Viele Ansätze dieses Paketes drohten jedoch zu scheitern. Das Parlament konzentrierte sich deshalb auf die Verabschiedung von weniger umstrittenen Massnahmen.
Nun stellt Gesundheitsminister Alain Berset ein zweites Massnahmenpaket vor. Damit will er das Kostenwachstum in der Grundversicherung bremsen und gleichzeitig die Qualität der Versorgung verbessern. Wie viel Geld mit den Massnahmen insgesamt eingespart werden kann, will der Bundesrat allerdings nicht schätzen.
Krankenkassen entlasten dank koordinierter Versorgung
Die Regierung will durch eine bessere Koordination der Gesundheitsfachpersonen aus unterschiedlichen Berufen Geld sparen. Mit der Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung will der Bundesrat die rechtlichen Grundlagen schaffen, damit sich Gesundheitsfachpersonen in einem Netzwerk zur koordinierten Versorgung zusammenschliessen können.
So könnten die Schnittstellen und Übergänge besser organisiert, Doppelspurigkeit erkannt und unnötige Leistungen vermieden werden. Das Sparpotenzial soll insbesondere bei chronisch kranken Menschen hoch sein, da mehrere Ärzte, Spitäler und Institutionen involviert seien.
Für die Gesundheitsfachpersonen soll der Zusammenschluss zu einem Netzwerk viele Vorteile bringen, so Berset. So sei etwa Teilzeitarbeit einfacher möglich und der administrative Aufwand werde reduziert. Ausserdem werde der Informationsaustausch vereinfacht.
Auch aus Sicht der Patientinnen und Patienten biete es zahlreiche Verbesserungen. So liessen sich beispielsweise unnötige Behandlungen leichter vermeiden und das Einholen einer Zweitmeinung vereinfacht. Ausserdem erhalte man leichter Zugang zu einem umfassenden Behandlungsangebot. Und nicht zuletzt sollen so die Kosten und damit die Prämien der Krankenkasse tiefer ausfallen.
Pflicht zur elektronischen Rechnung
Künftig werden ausserdem sämtliche Leistungserbringer verpflichtet, ihre Rechnungen in elektronischer Form zu übermitteln. Die Versicherten sollen jedoch auf Wunsch weiterhin kostenlos eine Rechnung in Papierform erhalten.
Der Bundesrat schlägt auch sogenannte Preismodelle vor – gesetzlich verankerte Vereinbarungen, die einen raschen und möglichst kostengünstigen Zugang zu innovativen, teuren Arzneimitteln und Therapien ermöglichen.
Werden die beschlossenen Massnahmen zu einer spürbaren Senkung der Krankenkassen-Kosten führen?
Weitere vom Bundesrat vorgeschlagene Massnahmen sind die differenzierte Prüfung der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit von Medikamenten, faire Referenztarife für eine freie Spitalwahl sowie eine neue Regelung der Apothekenleistungen.
Alain Berset: «Vorlagen kommen im Parlament nicht vom Fleck»
Der Bundesrat habe seine Möglichkeiten nahezu ausgeschöpft und in den letzten zehn Jahren diverse Massnahmen vorgeschlagen. Im Moment lägen viele Vorlagen beim Parlament, «doch es geht nicht vom Fleck», klagt Berset. Und wenn es vorwärtsgehen sollte, dann nur in sehr abgeschwächter Form.
Es brauche das Engagement aller Akteure, betont der Gesundheitsminister. Doch derzeit gebe es keinen generellen Willen, bei den Sparmassnahmen mitzumachen. «Es geht um einen 80 Milliarden Markt, also um sehr viel Geld.»