Krypto-Investoren werben mit Fake-Video von Bundespräsident Berset
Ganz schön frech – und illegal: Eine Krypto-Plattform wirbt mit Bundespräsident Alain Berset und lässt ihn mit Fake-Stimme sprechen.
Das Wichtigste in Kürze
- Auf YouTube wird Investitions-Werbung mit Bundesrat Alain Berset gezeigt.
- Die Stimme verspricht exorbitante Gewinne, sie ist allerdings fake.
- Das EDI findet es nicht lustig – aber ist solches wirklich ernst zu nehmen?
«Ich bin Alain Berset, Bundespräsident der Schweiz»: Das sieht alles aus wie gewohnt im Video, das auf YouTube als Werbung geschaltet ist. Das Videomaterial stammt von Bersets Rede am WEF im Januar 2023 und sieht entsprechen seriös aus. Doch dann fährt Alain Berset, Bundespräsident der Schweiz, fort: «… und Partner der UBS Group.» Moment, wie war das nochmal?
EDI: «Widerrechtliche Verwendung»
Wenn man die YouTube-Werbung ausnahmsweise aufmerksam betrachtet, fällt schnell auf, dass Stimme und Bild nicht ganz synchron sind. Auch wenn die Stimme tatsächlich irgendwie nach Alain Berset klingt. Doch bei Bersets EDI hat man keine Freude ob dieser technischen Meisterleistung: «Das Eidgenössische Departement des Innern verurteilt diese widerrechtliche Verwendung von Videomaterial des Bundespräsidenten in aller Form.»
Entsprechende Massnahmen würden geprüft, heisst es auf Anfrage von Nau.ch. Denn was hier im Browser läuft, ist mindestens doppelt verboten. Einerseits darf nicht mit Bundesräten und deren Visage Werbung gemacht werden. Andererseits wird auch noch suggeriert, Alain Berset sei Banker und empfehle ein dubioses Finanzprodukt.
Urheber verstecken sich
Wer dahintersteckt, wird nur bedingt klar. Die Fake-Berset-Stimme nennt das konkrete Produkt oder dessen Anbieter nämlich kein einziges Mal – und mit der UBS hat es auch nichts zu tun. Nur am Ende wird eine Website eingeblendet, auf der man sich gemäss «Alain Berset» registrieren soll.
Offenbar geht es um die Investition in sogenannte Differenzkontrakte, auf Englisch «CFD» genannt. Diese derivativen Finanzinstrumente sind höchst spekulativ und mit hohen Risiken für die Anleger verbunden. Die Website gibt zudem vor, mit der «Gemini Foundation» zusammenzuarbeiten, die mit Kryptowährungen und künstlicher Intelligenz arbeitet. CFDs sind – sofern bewilligt – zwar legal, gemäss deutschen Behörden aber ähnlich wie Glücksspiel: Auf Dauer gewinnt nur die Bank.
Eine ganze Reihe Warnsignale also, selbst wenn da nicht ein Bundesrat mit fremder Stimme das Blaue vom Himmel herunter versprechen würde. Muss man so eine Werbung denn überhaupt ernst nehmen? Stellt Sie eine Gefahr dar?
Fake-Berset: «Ich zahle 100'000 Franken»
Es ist tatsächlich fraglich, ob irgendjemand auf die Versprechungen hereinfällt und real Tausende von Franken investiert. So verspricht die nachgeahmte Berset-Stimme sogar bares Geld: Wer nicht innert 30 Tagen 30'000 Franken Profit mache, erhalte dafür 100'000 Franken. Wer das glaubt, glaubt auch, ein amtierendes Regierungsmitglied könne tatsächlich «Partner» einer Privatfirma sein und erzähle dies an einer WEF-Rede.
Wer das glaubt, glaubt auch, dass Minister am WEF Werbung machen für ganz bestimmt dringend zu besuchende Websites, auf denen man sich registrieren soll. Wer das glaubt, ist wirklich selber schuld.
Auch wenn die Masche inhaltlich kompletter Blödsinn ist: Zu denken geben sollte das Video allemal. Die Berset-Stimme ist nicht sooo schlecht. Es ist nicht die lausige Schweiz-Kopie eines deutschen oder amerikanischen Schwindels, sondern da hat jemand die Schweizer Gegebenheiten genau studiert.
Die KI-Zukunft ist jetzt
Dass theoretisch schon heute viel mehr möglich wäre, zeigen aktuelle Beispiele. In Grossbritannien haben kurz nacheinander gleich zwei KI-generierte Tonaufnahmen für Verwirrung gesorgt. Zunächst wurde auf «X» ein sogenannter «Deepfake» intensiv geteilt, in welchem Oppositionsführer Keir Starmer zu hören sein sollte.
KI-Starmer stauchte darin fluchend Mitarbeiter zusammen – so täuschend echt, dass selbst die vereinten Beteuerungen von Parlamentariern aller Couleur nur schwer die Gläubigen von ihrem Irrtum überzeugen konnten. Das war Anfang Oktober – nur einen Monat später war Londons Bürgermeister Sadiq Khan Opfer von rechtsradikalen TikTok-Accounts.
Der KI-Khan ist darin zu hören, wie er den Waffenstillstandstag vom 11. November verschieben will. Stattdessen habe nun eine Pro-Palästina-Demo Priorität. Das alles klingt echt – nur stimmt es nicht und ist nur leicht weniger absurd, als ein Bundespräsident, der in Davos der versammelten Wirtschaftselite garantiert todsichere Investitionstipps gibt.