Massentierhaltung: Heftiger Streit in der «Arena»
Die Befürworter der Massentierhaltungsinitiative wollen den Fleischkonsum reduzieren. Die Gegner wittern in der «Arena» Bevormundung und wollen Wahlfreiheit.
Das Wichtigste in Kürze
- In der «Arena» diskutieren Gegner und Befürworter über die Massentierhaltungsinitiative.
- Die Befürworter nehmen höhere Preise in Kauf und wollen den Fleischkonsum reduzieren.
- Die Gegner argumentieren mit den bereits heute sehr hohen Standards.
Am 25. September 2022 stimmt die Schweiz über die Massentierhaltungsinitiative ab. Die Abstimmungs-«Arena» zur Vorlage zeigte die Gräben auf, welche die Tierhaltung auslösen.
Die Gegner der Initiative warnen auf ihren Plakaten von steigenden Preisen für Tierprodukte. Sie könnten bis zu 40 Prozent teurer werden, der Bundesrat rechnet mit fünf bis 20 Prozent. Die Preiserhöhung bestreiten auch die Befürworter nicht, doch sie ist ihnen kein Dorn im Auge. Im Gegenteil, denn: «Ja, wir wollen den Fleischkonsum reduzieren», sagt Grünen-Nationalrätin Meret Schneider in der «Arena».
Die Wertschätzung für Lebensmittel sei viel zu gering, rund ein Drittel werde weggeworfen, so Schneider. Man solle lieber etwas mehr zahlen für ein qualitativ hochwertiges Produkt, bei dem es dem Tier gut gegangen sei. SP-Ständerat Daniel Jositsch ergänzt: «Fleisch soll kein Billig-, sondern ein Qualitätsprodukt sein, das genossen wird.»
Petra Gössi warnt, dass nicht nur Fleisch teurer wird, sondern auch Milch, Eier und Folgeprodukte. Die FDP-Nationalrätin wittert Bevormundung, weil die Wahlfreiheit eingeschränkt wird: «In der Schweiz wird man kein konventionell produziertes Fleisch mehr essen, weil es nur noch Bio gibt.»
Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands, wirft ein, dass man heute die Wahl habe: «Man kann Fleisch bester Qualität für einen zahlbaren Preis oder mit höchster Qualität zu höherem Preis kaufen.» Die Initiative aber fordere Bio für alle, dadurch werde die Wahlfreiheit genommen und dies zu höheren Preisen. Zudem sei die Nachfrage nach Label-Fleisch gar nicht so gross.
SP-Jositsch: Nur fünf Prozent der Betriebe tangiert
Die Wahlfreiheit sei schon heute eingeschränkt, rechtfertigt sich Schneider. «Heute kann man keine Eier von Hühnern aus Käfighaltung kaufen. Dies ist eine nicht tiergerechte Praxis, die wir nicht wollen.» Dass Tiere keinen Auslauf haben, sei ebenfalls eine ungewollte Praxis.
Die Massentierhaltungsinitiative will das Tierwohl verbessern, doch dabei gehe es den Tieren in der Schweiz bereits heute sehr gut. Hierzulande herrsche das strengste Tierschutzgesetz, argumentieren die Gegner. Markus Ritter, selbst Bio-Bauer, sagt: «Es gibt viele Familienbetriebe, die sehr gut zu ihren Tieren schauen und hohe Standards haben.»
Diese seien gar nicht tangiert, so Jositsch, nur fünf Prozent der Betriebe seien betroffen. «Es geht um die industrielle Grossproduktion, wo es systematisch zu Verletzungen der Tierwürde kommt.»
Mike Egger: Massentierhaltungsinitiative müsste «Anti-Tierwohls-Initiative» heissen.
Zudem biete die Massentierhaltungsinitiative für Bauern eine Chance, so Schneider. Denn viele Landwirte hörten aufgrund des Preisdruckes auf. Jositsch: «Im Billigsegment sind die Bauern nicht konkurrenzfähig, mit der Initiative gibt es gleiche Standards für Importe.» Es werde dafür gesorgt, dass kein Billigfleisch mehr in die Schweiz komme.
Mike Egger, SVP-Nationalrat und Metzger, widerspricht vehement: Bei einem Ja sei man mehr auf Importe angewiesen. Und dort könne man die Standards nicht kontrollieren, wie dies die Initianten forderten. Deshalb: «Die Vorlage müsste eigentlich ‹Anti-Tierwohls-Initiative› heissen.»
Auch laut Gössi könnten die Importe nicht kontrolliert werden. Dadurch müssten Fleisch-Importe komplett verboten werden, was gegen WTO-Richtlinien verstosse. Zudem gäbe es dann einfach viel mehr Einkaufstourismus.