Mitholz BE: Nationalrat debattiert über Räumung des Munitionslagers
Nach fünf Jahren Wartezeit sollen die Einwohner des kleinen Dorfes Mitholz im Berner Oberland Gewissheit über ihre Zukunft haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Berner Mitholz soll das ehemalige Munitionslager geräumt werden.
- Nun befasst sich am heutigen Donnerstag der Nationalrat als Erstrat mit dem Milliarden-Pro
Der Nationalrat befasst sich am (heutigen) Donnerstag als Erstrat mit der milliardenteuren Räumung des ehemaligen Munitionslagers. Im Dezember 1947 hatten sich im Munitionslager der Schweizer Armee in der Gemeinde Kandergrund grosse Explosionen ereignet. Das Depot stürzte teilweise ein, mehrere Menschen starben, Dutzende Häuser wurden zerstört, und es blieben einige Hundert Tonnen Sprengstoff in den Trümmern zurück.
2018 kam ein neuer Bericht des Verteidigungsdepartements zum Schluss, dass die Risiken höher seien als bisher angenommen und das Munitionslager geräumt werden müsse. «Nach den Kriterien der Störfallverordnung liegen die Risiken, die von den Munitionsresten ausgehen, auf einem Niveau, das nicht akzeptabel ist», sagte Adrian Goetschi, Projektleiter von Mitholz, bei einem Mediengespräch im Vorfeld der Debatte im Nationalrat.
Der Bundesrat möchte das ehemalige Munitionslager deshalb räumen. Er beantragt in seiner Botschaft ans Parlament einen Verpflichtungskredit im Umfang von 2,59 Milliarden Franken für die Arbeiten, einschliesslich Sicherheitsmarge wegen Unsicherheiten.
Die Mehrheit der zuständigen Nationalratskommission stellt sich hinter die Anträge – nachdem die Kommission das Geschäft zunächst für weitere Abklärungen sistiert und damit Verunsicherung ausgelöst hatte. Nun will die Mehrheit dem unveränderten Bundesbeschluss zustimmen – ohne die Varianten der Verfüllung, Verkapselung und Abdichtung der Anlage erneut zu eruieren. Mehrere Experten hätten mit einem Zusatzbericht bis zuletzt offen gebliebene Fragen klären können.
Eine SVP-Minderheit will das Geschäft nach wie vor an den Bundesrat zurückweisen – mit dem Auftrag, eine neue Lagebeurteilung vorzunehmen. Vor einer Räumung solle mit weiteren Sondierbohrungen eine «endgültige Risikoanalyse» vorgenommen werden – mit allfälligen Alternativvorschlägen. Es seien ein «erfahrener ausländischer Minenräumdienst» und ein «unabhängiges, interdisziplinäres Ingenieur-Beratungsbüro mit internationaler Erfahrung» hinzuzuziehen.
SP und Grüne, die die Kredite grundsätzlich freigeben wollen, beantragen zudem, dass die Ausgaben für die Räumung des Munitionslagers vollumfänglich in den künftigen Verteidigungsbudgets kompensiert werden sollen. Gemäss Botschaft des Bundesrats erfolgt das Gros der Finanzierung – rund 1,4 Milliarden Franken – über bereits verbuchte Rückstellungen im Verteidigungsdepartement und belastet die Schuldenbremse deshalb nicht.
Der Verpflichtungskredit soll laut dem Bundesrat in zwei Tranchen freigegeben werden. Die erste Tranche von 1,09 Milliarden Franken wird demnach für Voraus- und Schutzmassnahmen sowie für die Vorbereitung der Räumung gebraucht.
Die zweite Tranche von 740 Millionen Franken ist für die Räumung und Entsorgung der Munitionsrückstände sowie für die Instandsetzung des Geländes und die Wiederbesiedelung von Mitholz vorgesehen. Sie wird durch den Bundesrat freigegeben.
Der Verpflichtungskredit enthält überdies Reserven von 760 Millionen Franken für Projektrisiken und die erwartete Teuerung. Dem Verpflichtungskredit liegt eine jährliche Teuerungsannahme von plus 1,7 Prozent zugrunde. Daneben gibt es weiterhin Unsicherheiten zur genauen Lage, zum Zustand sowie zur Menge der Munitionsrückstände und den anspruchsvollen geologischen und hydrologischen Verhältnissen.
Das über 25 Jahre laufende Projekt soll die Gefahr von weiteren Explosionen im ehemaligen Bahnstollen und im Schuttkegel vor der Anlage beseitigen. Zudem sieht es eine umfassende Räumung der Sprengstoffrückstände, Schwermetalle und Brandrückstände im gesamten von der Explosion 1947 betroffenen Gebiet vor.
Darüber hinaus werden ein Schutztunnel für die Nationalstrasse und eine Galerie für die Bahnstrecke gebaut. Hinzu kommen Massnahmen, mit denen die Infrastruktur vor Naturgefahren wie Lawinen, Hochwasser, Murgängen oder Steinschlag geschützt werden. Diese Massnahmen werden nach dem Abschluss der Räumung bestehen bleiben.
Die ersten Bewohner von Mitholz müssten wegen der Arbeiten bereits 2025 wegziehen, und spätestens 2030 ist es für die übrigen soweit. Betroffen vom Wegzug sind rund fünfzig Personen im Sicherheitsperimeter.