Nach Eklat: Keiner glaubt, dass SVP-Aeschi zufällig auf Treppe war
Von den meisten Politik-Kollegen von SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi hagelt es Kritik. Aber FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen zeigt Verständnis.
Das Wichtigste in Kürze
- SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi legte sich heute Morgen mit Bundespolizisten an.
- Ein exklusives Nau.ch-Video zeigt das Handgemenge, dieses teilte Aeschi danach auf X.
- Die Reaktionen von Politikern und Bevölkerung fallen sehr unterschiedlich aus.
Am Mittwochmorgen ist es im Bundeshaus zu einem Eklat mit SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi und der Bundespolizei gekommen. Er versuchte, einen gesperrten Bereich zu passieren, wie ein Exklusiv-Video von Nau.ch zeigt.
Grund für die temporäre Blockade war ein Fototermin mit dem ukrainischen Parlamentspräsidenten Ruslan Stefantschuk. Dies passte Aeschi gar nicht: «Es geht darum, dass während der Session die parlamentarische Arbeit vor ausländischen Staatsbesuchen Vorrang hat», schreibt er auf X. Und teilt dazu das Nau.ch-Video.
Die Reaktionen von Parlamentskollegen und X-Usern liessen nicht auf sich warten. Nationalrat David Roth (SP) schreibt beispielsweise auf X, dass die Führungsriege der SVP «die grössten Putin-Krawallanten» der Schweiz seien.
Dass Aeschi zufällig auf der Treppe war, glaubt kaum einer.
Roth schreibt, sie hätten seiner Meinung nach versucht, den Empfang des ukrainischen Parlamentspräsidenten zu stören. «Das unwürdige Verhalten musste am Schluss von der Spezialeinheit der BE-Polizei gestoppt werden», so Roth weiter.
Anders tönt es hier: Im Gespräch mit Nau.ch sagt Christian Wasserfallen, FDP-Nationalrat (BE), dass die Sperrung während der Session nicht verhältnismässig gewesen sei. Er verstehe die Reaktion von Aeschi.
«Es kann nicht sein, dass überall im Treppenhaus mit Maschinenpistolen bewaffnete Bundespolizisten stehen. Und so die Leute und Mitglieder des Parlamentes daran hindern, sich im Gebäude frei zu bewegen», kritisiert Wasserfallen. «Eine solche Situation – die ich in meinen 16 Jahren im Parlament übrigens noch nie erlebt habe – darf sich so nicht wiederholen», sagt er.
Nationalrat wollte «15 seconds of fame»
Polit-Analyst Mark Balsiger nutzte die Gelegenheit wiederum, um einen Witz zu machen. «Die Nationalräte Aeschi & Graber versuchten sich im Bundeshaus eben mit Andy Warhols ‹15 seconds of fame›», schreibt er. «Rein zufällig» hätten sie just während des Fototermins die Treppe runter gemusst.
«Ohne Ironie und Polemik: Sicherheit geht vor», führt er aber aus. «Das sollten Volksvertreter respektieren.»
Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (Mitte/BL) zeigt sich gegenüber Nau.ch schockiert: «Es gibt im Bundeshaus Regeln, welche sich das Parlament zu seiner eigenen Sicherheit gibt.» Die Sicherheitskräfte würden diese Regeln in ihrem Auftrag vollziehen. «Der Auftritt dieser Parlamentarier ist eine Schande.»
«Macht in den Kopf gestiegen?»
Christina Bachmann-Roth, Präsidentin der Mitte Frauen Schweiz, fragt Aeschi auf X, ob er denke, als gewählter Politiker über Recht und Ordnung zu stehen. «Sie haben sich der Polizei widersetzt!», schreibt sie. «Ist Ihnen die Macht in den Kopf gestiegen?»
Auch Aeschi könne sich laut Bachmann-Roth nicht alles erlauben. Ihm würden mehr Respekt, Anstand und Demut besser stehen.
Für «schwach und unnötig» hält Maya Bally die Aktion. Auch die Aargauer Mitte-Nationalrätin ist überzeugt: Aeschis Auftritt war kein Zufall. Sie schreibt, dass das Ganze «pure Provokation» war. Auf X schreibt sie ausserdem: «Das ist unwürdig und geht auf Kosten der Polizei, die ihre Aufgabe erledigt.»