Nationalrat tritt auf gesetzlichen Weg zum Netto-Null-Ziel ein
Der Nationalrat berät über einen Gesetzeswurf zur Klimaneutralität. Für die Vorlage zeichnet sich eine Mehrheit ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Vorlage für die Klimaneutralität könnte erfolgreich sein.
- Dies zur Entrüstung der SVP, dafür freuen sich die Grünen.
Die Schweiz soll bis 2050 klimaneutral sein. Der Nationalrat berät einen Gesetzesentwurf seiner Umweltkommission, um dieses Ziel zu erreichen. Zur Vorlage zeichnet sich eine Mehrheit ab.
Den Entwurf für das Gesetz über die Ziele im Klimaschutz hat die Umweltkommission des Nationalrates (Urek-N) ausgearbeitet. Damit wollen sie das Kernanliegen der Gletscher-Initiative, das Netto-Null-Ziel 2050, erreichen.
Im Gegensatz zur Initiative will die Kommission nicht mit Verboten arbeiten, sondern mit Absenkpfaden und Zwischenzielen. Mit 135 zu 52 Stimmen und bei drei Enthaltungen trat der Nationalrat am Dienstag darauf ein. Das entsprach nicht dem Willen der SVP.
GLP will Netto-Null-Ziel früher erreichen
Dank der Vorlage, die wichtige Anliegen der Initianten aufnehme, bestehe die Chance, dass die Gletscher-Initiative zurückgezogen werde. Das sagte Kurt Egger (Grüne/TG). «Wir sind in einer selbstgemachten Klimakrise», warnte Ursula Schneider Schüttel (SP/FR). Klare und ehrgeizige Ziele seien nötig.
Wetter-Extreme überträfen sich von einem Jahr zum andern, doppelte Barbara Schaffner (GLP/ZH). Rasch zu handeln, heisse, ein Gesetz zu beschliessen, das den Rückzug der Initiative ermögliche. Die GLP will das Netto-Null-Ziel bereits 2040 statt 2050 erreichen.
«Wir haben ein gemeinsames Ziel, nämlich das Netto-Null-Ziel 2050», sagte Priska Wismer-Felder (Mitte/LU). Zuwarten sei keine Option, sagte auch Matthias Samuel Jauslin (FDP/AG). Perfekt sei das Rahmengesetz nicht, aber es sei pragmatisch und eine gute Grundlage.
Die SVP wollte von der Vorlage nichts wissen. Michael Graber (SVP/VS) kritisierte «undemokratisches Vorgehen». Das vor einem Jahr vom Volk abgelehnte revidierte CO2-Gesetz verfolge in etwa dieselben Ziele wie der Gesetzesentwurf. Mit diesem solle das Ständemehr umgangen werden, an dem die Gletscher-Initiative scheitern würde.
«Ihre Politik funktioniert nur, wenn die Sonne scheint», wandte sich Christian Imark (SVP/SO an die Befürworter. Der indirekte Gegenvorschlag sei «voll von Planwirtschaft». Viele Menschen handelten bereits, sagte Pierre-André Page (SVP/FR) und sprach die Lieferengpässe für Wärmepumpen an.
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (ZG) moniert in seinem Einzelantrag auf Rückweisung des Geschäfts, dass keine ordentliche Vernehmlassung dazu stattgefunden habe. Die Kommission hatte auf eine Anhörung verzichtet mit der Begründung, dass die Positionen bekannt seien. Aeschis Antrag wurde mit 138 zu 52 Stimmen abgelehnt.
SVP ist für Abschwächungen der Ziele
In die Pflicht nehmen will die Kommissionsmehrheit Hausbesitzer, Verkehrsteilnehmer und die Industrie. Ihr Gesetzesprojekt enthält konkrete Zwischenziele und sektorielle Richtwerte. Ergänzen will die Kommission das Gesetz mit Förderprogrammen: 1,2 Milliarden zur Förderung neuer Technologien in sechs Jahren und 2 Milliarden Franken für ein zehnjähriges Heizungs-Ersatzprogramm.
Etliche Details sind umstritten, und dabei öffnen sich die bekannten Gräben. Insgesamt 15 Minderheitsanträge hat der Rat nun zu behandeln. Vertreterinnen und Vertreter von Rot-Grün fordern schärfere Bestimmungen und mehr Tempo. Darunter Klimaneutralität bis 2040 sowie zusätzliche oder verbindlichere Klimaschutzmassnahmen bei Gebäuden, Verkehr und im Finanzsektor.
Vorwiegend SVP-Mitglieder wollen Abschwächungen, zum Beispiel keine Richtwerte für Sektoren. Zudem gibt es Stimmen für eine Abschwächung der Zwischenziele. Auch die Programme für die Förderung neuer Technologien und den Heizungsersatz haben Gegenwind der SVP.
Der Bundesrat ist grösstenteils einverstanden mit dem von der Nationalratskommission vorgeschlagenen gesetzlichen Weg. Er unterstützt auch das Sonderprogramm für den Heizungs-Ersatz. Die Schweiz müsse möglichst rasch weg von der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, sagte Umweltministerin Simonetta Sommaruga.
Verzichten will der Bundesrat aber auf das Technologie-Förderprogramm. Zurzeit gebe es dafür keinen finanziellen Spielraum im Bundeshaushalt, sagte Sommaruga. Das Wirtschaftsdepartement prüfe, wie Innovationen unterstützt werden könnten.