Piraten, Rimoldi…: Scheitert E-ID-Referendum an zu vielen Komitees?
Für das Referendum gegen das E-ID-Gesetz wird es eng. Die Komitees bleiben zwar optimistisch, auch wenn sie das Heu nicht auf der gleichen Bühne haben.

Das Wichtigste in Kürze
- Die Sammelfrist für das Referendum gegen das E-ID-Gesetz läuft bald ab.
- Es fehlen noch Tausende Unterschriften, obwohl – oder weil – drei Komitees sammeln.
- Im Zentrum stehen die Piratenpartei und Mass-Voll.
Schon einmal hat das Stimmvolk das Gesetz für eine elektronische ID, das E-ID-Gesetz, abgelehnt. Ein grosser Kritikpunkt im März 2021 waren die Bedenken punkto Sicherheit: Der Bund wollte die Herausgabe der E-ID Privaten überlassen.
Dies und einiges anderes hat das Parlament nun nachgebessert – und trotzdem sind verschiedene Organisationen immer noch nicht zufrieden. Sie haben erneut eine Unterschriftensammlung gestartet, um ein Referendum zu erzwingen. Doch die Sammelfrist läuft ab, die erforderlichen 50'000 Unterschriften sind noch nicht beisammen. Das dürfte nicht nur am Thema, sondern auch an den beteiligten Personen liegen.
«Mit Rimoldi wollen wir nicht mehr zusammenarbeiten»
Denn es ist nicht nur eine Unterschriftensammlung, sondern mindestens deren drei: Durch die Piratenpartei, Mass-Voll und «Aufrecht Schweiz»/«Freunde der Verfassung». Das ist an sich nicht unüblich und hat auch schon gut funktioniert – sofern man nicht aneinandergerät.

Später dazugestossen sind auch die Junge SVP und die EDU. «So hat das Volk die Möglichkeit, darüber zu befinden», sagt EDU-Präsident Daniel Frischknecht zu Nau.ch. Selbst sammelt man zwar nicht, sondern hat sich dem Aufruf der Piratenpartei angeschlossen.
Denn von Mass-Voll-Chef Nicolas Rimoldi will man sich betont distanzieren: «Mit Rimoldi wollen wir nicht mehr zusammenarbeiten», stellt Frischknecht klar.
Unerfahrene Piraten
Anders die Piratenpartei: «Mit ihnen würden wir gerne zusammenarbeiten.» Für Frischknecht ist indes auch klar: «Das Referendum wurde von jungen und kompetenten Studenten lanciert, die politisch wenig Erfahrung haben und das deshalb unprofessionell aufgezogen haben.»
Auf die Piraten schiesst auch Rimoldi. Zunächst sei man auf die Piratenpartei zugegangen und habe auch angeboten, Finanzen in fünfstelliger Höhe beizusteuern. «Sie haben aber eine Zusammenarbeit abgelehnt, weshalb wir ein eigenes Komitee mit eigener Kampagne entwickelt haben.» Schliesslich habe man ja mit Referenden schon einige Erfahrung aus der Covid-Zeit.

Jonas Sulzer, Co-Kampagnenleiter beim Komitee der Piratenpartei, will diese Vorhaltungen nicht so stehen lassen. «Uns ist bewusst, dass eine SP oder SVP als Organisationen ein Vielfaches unserer politischen Erfahrung aufweisen. Wir gehen unseren Weg jedoch selbstbewusst und sind stolz, dass unser Komitee bislang am meisten Unterschriften gesammelt hat.»
Referendum gegen das E-ID-Gesetz: Am Thema liegt es nicht…
Ab dem 4. April sollten die gesammelten Unterschriften bei den Gemeinden zur Beglaubigung sein. So reicht die Zeit, damit sie bis am 21. April bei der Bundeskanzlei eingereicht werden können.
Dass auch eine Woche vor Einsendeschluss noch Tausende Unterschriften fehlen, liege nicht unbedingt am Thema. Dieses sei in der Bevölkerung durchaus präsent, weiss EDU-Präsident Frischknecht: «Ich habe immer wieder Anrufe, auch von älteren Semestern, die sich sehr fürs Thema interessieren.»

Mass-Voll-Chef Rimoldi beklagt dagegen einen Vertrauensverlust in die Demokratie. Dieses hätten alle Parteien besonders mit der Corona-Politik zerstört. So werde das Unterschriftensammeln immer schwieriger.
«Unsere Erfahrung ist, dass das Thema häufig bei den Leuten auf der Strasse abgehakt ist: ‹Wir haben es vor fünf Jahren abgelehnt, der Bund macht ja eh was er will›.»
Rimoldi: Andere Komitees disqualifiziert
Ein Mitgrund für das noch nicht erreichte Sammelziel sei aber, dass die anderen beiden Komitees nicht mir Mass-Voll zusammengehen wollten. «Das disqualifiziert auch diese Kräfte als seriöse und sachorientierte, politische Akteure, wenn ihnen persönliche Befindlichkeiten im Wege stehen.» Er habe auch schon zwei Dutzend Organisationen innerhalb eines Komitees gehabt. Mit mehreren Komitees aber habe man doppelte Unterschriften, doppelten Aufwand und doppelte Kosten.
Für Pirat Jonas Sulzer machen die drei Komitees aber Sinn, da man unterschiedliche Gründe für das Referendum habe. «Für uns ist die technologisch-demokratische Perspektive zentral, weshalb wir unseren Ansatz mit grosser Sorgfalt und in enger Zusammenarbeit mit Fachpersonen ausgearbeitet haben.»

Technologisch gesehen stehe einer «menschenwürdigen E-ID», wie es Sulzer formuliert, nichts im Weg. «Aber das Gesetz muss entsprechend hohe Standards für die Privatsphäre und Sicherheit festschreiben. Dies muss die Bevölkerung nun einfordern.»
Die Piraten hätten dazu aufgerufen, dass sich andere Parteien dem Referendum anschliessen. So wie es die Junge SVP und die EDU gemacht haben. «Im linken Spektrum haben wir zuerst versucht, Kontakte zu knüpfen, aber dort ist man oft gerade mit anderen Themen absorbiert.»
Doch das Links-Rechts-Schema wolle man bei Themen wie der Digitalpolitik sowieso lieber weglassen: «Sie durchdringt schliesslich alle Lebensbereiche.»
Offenheit – einfach just gerade nicht gegenüber dem jeweilig anderen Komitee – betont auch Nicolas Rimoldi: «Ich arbeite immer mit allen zusammen, wenn wir ein gemeinsames Ziel haben, seien es die Kommunisten oder die Junge Tat.»
Kommt das E-ID-Referendum noch zustande?
Auf der Website des Piratenkomitees wird seit einigen Tagen der «schweizweite» Sammelstand angezeigt. 30'000 Unterschriften sollen es sein, rund 1300 kämen täglich dazu. Zwar arbeite man nicht zusammen, erklärt Jonas Sulzer, aber: «Wir haben begonnen, die aktuellen Zahlen anhand der öffentlichen Informationen hochzurechnen und als ‹schweizweiten› Gesamtstand zu veröffentlichen.

Man habe gesehen, dass es eine einzigartige Situation mit den verschiedenen Komitees sei. So könne sich die Öffentlichkeit zahlenmässig besser orientieren. Jonas Sulzer geht davon aus, dass es mittlerweile wohl eher 37'000 seien. Realistisch geschätzt komme er auf 40'000, sagt Nicolas Rimoldi.
Die Komitees tauschen nicht nur Zahlen aus, sie sind sich auch mindestens in diesem Punkt einig: Wir schaffen das.
«Es sieht gut aus, wir schaffen es, aber es müssen jetzt alle mitziehen», sagt Jonas Sulzer. Optimistisch bleibt auch Nicolas Rimoldi: «Wir schaffen es, aber die Menschen müssen sich aus der dekadenten Komfortzone bewegen und in den Arsch klemmen! Und vor allem die Unterschriftenbögen rechtzeitig zurückschicken.»