SVP tobt nach Pfisters Offensive für Flugticket-Abgabe
Das Wichtigste in Kürze
- Mitte-Präsident Gerhard Pfister fordert ein neues, schlankes CO2-Gesetz.
- Damit zieht er den Zorn der SVP auf sich.
- Lob gibt es dagegen vom WWF.
Mitte Präsident Gerhard Pfister verabschiedet sich mit einem brisanten Vorstoss in die Sommerpause. Ein neues CO2-Gesetz müsse her, aber ein sowohl schlankes wie auch wirksames. Jeglicher CO2-Ausstoss soll mit einer Abgabe belegt werden, vom Heizen über die Produktion, die Logistik bis zum Flugverkehr. Der Erlös würde gleichmässig an die Bevölkerung rückverteilt.
WWF: «Begrüssen starke Massnahmen»
Mit dieser Stossrichtung mach Pfister sogar Umweltverbände glücklich. Nach der verlorenen Abstimmung zum CO2-Gesetz vor einem Jahr war die Analyse klar: Das war zu kompliziert und schwer erklärbar. Das zersplitterte Parlament hatte am CO2-Gesetz herumgedoktert, kam hier und dort Interessensgruppen entgegen.
«Deshalb wurden keine einfachen und zugleich kräftigen und wirksamen Massnahmen ausgewählt», erklärt WWF-Klimaexperte Patrick Hofstetter. «Sondern vielerlei eher schwach ausgestaltete Massnahmen mit vielen Ausnahmen.» Hofstetter nennt als Beispiel die schon vom Namen her abschreckende «Erhöhung des Kompensations-Aufschlags» an der Tanksäule. Das Parlament stritt sich um drei Rappen Unterschied – unbestritten war, dass der Bundesrat Ausnahmen vorsehen könne.
Die Initiative des Mitte-Chefs kommt beim WWF deshalb gut an: «Wir begrüssen, wenn Herr Pfister nun starke Massnahmen einfordert», sagt Hofstetter. Das Verursacherprinzip durchgängig anzuwenden sei als neues Hauptinstrument sinnvoll und eine gerechte und wirksame Ausgestaltung scheine möglich. Der Vorschlag werde aber nicht sämtliche bestehenden Instrumente ablösen oder weitere obsolet machen.
SVP schiesst sich auf «Die Mitte» ein
Überhaupt nicht gut Kirschen essen ist dagegen mit den beiden Zuger Nationalräten Gerhard Pfister und Thomas Aeschi. Der Mitte-Präsident Pfister entferne sich immer mehr von bürgerlichen Anliegen, wetterte gestern SVP-Fraktionspräsident Aeschi. «Quo vadis», wohin gehst du, fragte er mehr rhetorisch auf Twitter.
Auch SVP-Nationalrat Michael Graber greift in einem Editorial die «Mitte-Links-Mehrheit» an. Beim Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative werde im Namen des Klimaschutzes Planwirtschaft betrieben, statt auf die freie Marktwirtschaft zu vertrauen. Insofern müsste ein schlankes, auf dem Verursacherprinzip beruhendes CO2-Gesetz der SVP doch entgegenkommen – tut es aber nicht.
Denn 24 Stunden später hat Thomas Aeschi die Antwort, wohin Mit-Zuger Gerhard Pfister geht. Als er von dessen Klima-Vorstoss erfährt, ist ihm klar: Da wird nicht nur links geblinkt, sondern auch links abgebogen. Pfister versuche so, Stimmen bei SP und Grünen abzuholen.
Alle Parteien – und das Volk
Ob Pfisters simplifizierter Vorschlag für ein neues CO2-Gesetz nun tatsächlich links-grünen Ideen entspreche, beantwortet WWF-Klimaexperte Patrick Hofstetter nicht. Relevant sind für ihn die Ziele: Die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen und schnellstmöglich «Netto Null» erreichen. «Bei der Frage, welche Massnahmen dafür getroffen werden müssen, sind wir unideologisch.»
Doch im Nachsatz warnt er die hohe Politik, es nicht noch einmal zu verbocken mit schwer vermittelbaren Massnahmen. «In der Schweiz müssen diese nicht nur im Parlament mehrheitsfähig sein, sondern auch dem Volk als sinnvoll, angemessen und gerecht erscheinen.»
Es brauche den politischen Willen aller Parteien, mahnt Hofstetter. «Falls Herr Pfister die anderen Parteipräsidenten hinter seine Initiative bringen kann, ist das sicherlich sehr hilfreich.» Zumindest bei einer Partei hat der gelernte Schulleiter Pfister wohl noch einiges schwer zu erklären.