Ukraine-Krieg: Was verspricht der Friedensgipfel von Viola Amherd?
Bundespräsidentin Viola Amherd will einen Friedensgipfel für den Ukraine-Krieg veranstalten. Was verspricht das Vorhaben mit Blick auf ein baldiges Kriegsende?
Das Wichtigste in Kürze
- Bundesrätin Viola Amherd will einen Friedensgipfel für den Ukraine-Krieg veranstalten.
- Experte Manfred Elsig erklärt: Dabei gehe es primär um Kohäsion und Wirtschaftshilfe.
- Die Chance auf Friedensgespräche sei mit Blick auf den Status Quo hingegen relativ klein.
Bundespräsidentin Viola Amherd hat am 15. Januar gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj verkündet, dass die Schweiz einen hochrangigen Friedensgipfel zum Ukraine-Krieg veranstalten werde. Der Fokus solle hierbei in erster Linie auf dem Wiederaufbau des kriegsversehrten Landes und der Räumung von Minen liegen.
An dem Gipfel sollten möglichst viele Länder teilnehmen, betonte die Bundespräsidentin. Die Details des weiteren Vorgehens würden nun vertieft geprüft. Das Aussendepartement unter Bundesrat Ignazio Cassis werde dabei federführend mitwirken.
Fest steht, dass ein nachhaltiger Frieden in der Ukraine nicht einfach vom Himmel fällt. Ob das Unterfangen des Bundesrates allerdings gelingen wird, bleibt offen. Nau.ch hat einen Experten für internationale Beziehungen um eine Einschätzung gebeten: Was verspricht der Friedensgipfel von Viola Amherd?
Volksrepublik China als entscheidender Akteur
Für Manfred Elsig, Professor für internationale Beziehungen an der Universität Bern steht fest: Die Teilnahme von möglichst vielen Akteuren werde für das Gelingen des Unterfangens essenziell sein. Entscheidend sei dabei insbesondere die Einbindung der Volksrepublik China, so der Experte.
Auch das Aussendepartement scheint diese Meinung wenigstens holzschnittartig zu teilen: Bundesrat Ignazio Cassis will deshalb unter anderem auch nach China reisen und versuchen, die Volksrepublik an den Verhandlungstisch zu holen. Ob auch Russland miteinbezogen werden soll, sei noch unklar, so der Aussenminister: «Alles hängt davon ab, wie die einflussreichen Länder einbezogen werden wollen.»
Für Elsig steht fest, dass die Vorbedingungen für die Teilnahme richtig definiert werden müssten. «Mich würde es aber eher überraschen, wenn China teilnimmt», erklärt der Experte. China stelle den Ukraine-Krieg prinzipiell als ein explizit westliches Problem dar – ein Fernbleiben entspräche hier dem Courant normal.
China profitiert vom Ukraine-Krieg
Hinzu komme, dass die Volksrepublik eindeutig vom Ukraine-Krieg profitiere, wie Elsig weiter ausführt: «Zum einen geopolitisch, da Russland sich mit dem Krieg von der Volksrepublik abhängig gemacht hat. Zum anderen wirtschaftlich, durch billigen Zugang zu Öl und anderen Rohstoffen sowie zahlreichen neuen Exportmöglichkeiten.»
Die Ukraine wiederum sei gegenwärtig dringend auf Erfolge auf dem internationalen Parkett der Diplomatie angewiesen. Mit dem vorläufigen Unterstützungsstopp aus den USA mehr denn je. Auf der Seite der Ukraine steige die Kriegsmüdigkeit, während gleichzeitig die Unterstützung der westlichen Verbündeten zu bröckeln anfängt.
Kohäsion und Wirtschaftshilfe
Entsprechend gehe es auch beim Friedensgipfel in erster Linie um die Kohäsion des Westens und wirtschaftliche Unterstützung für die Ukraine. Der Gipfel werde vor allem auch ein wichtiges Signal für die Anbindung der Ukraine an den Westen setzen.
Für direkte oder indirekte Friedensverhandlungen hingegen sieht Elsig derzeit wenig Bereitschaft: Die Geschichte habe nämlich gezeigt, dass Friedensverhandlungen meist erst stattfänden, wenn eines von zwei Szenarien eintreffe.
Entweder seien beide Parteien zutiefst kriegsmüde, oder ein klarer Erfolg einer Seite zeichne sich ab. Im ersten Fall komme es zu einer Verhandlung, im zweiten Fall wiederum diktierten die Gewinner einen Friedensvertrag.
Im Ukraine-Krieg zeichne sich hingegen ein «langer Konflikt ohne klaren Sieger» ab: «Die ersten Informationen nach Beginn der Gegenoffensive sahen für die Ukraine noch positiv aus.» Der gegenwärtige Stellungskrieg hingegen scheine ausser unzähligen Todesopfern und Verletzten keinerlei Veränderung der Situation herbeizuführen, so Elsig.