Wahlen 2023: Passen SVP und Mass-voll überhaupt zusammen?
In drei Kantonen sind die SVP und Mass-voll für die Wahlen 2023 eine Listenverbindung eingegangen. Das macht auf den ersten Blick mehr Sinn als das Duo SVP/FDP.
Das Wichtigste in Kürze
- Mass-voll hat für die Wahlen 2023 in zwei Kantonen eine Listenverbindung mit der SVP.
- In anderen Kantonen scheiterten solche Vorhaben.
- Rein objektiv betrachtet haben die beiden Organisationen aber viel gemeinsam.
Wer bei den anstehenden Wahlen 2023 alles aus der Wählergunst herauskitzeln will, der geht Listenverbindungen ein. So können Nationalratssitze, die man nur zur Hälfte oder einem Drittel gewinnt, doch noch zur Gänze «den Anderen» abgeluchst werden. Die ambitionierten Massnahmen-Kritiker von «Mass-voll» haben sich deswegen bei der grossen SVP anhängen wollen. Eine Auswertung zeigt: Abgesehen von der Grösse sind die beiden Parteien gar kein so ungleiches Paar.
Mass-voll: viel Deckung mit SVP
In zwei Kantonen – Luzern und Solothurn – ist es Mass-voll gelungen, die Braut SVP erfolgreich zu umwerben. Im Kanton Zürich, wo Mass-voll-Chef Nicolas Rimoldi kandidiert, blieb man auf Distannz. Dort, wie auch im Kanton Bern, fand man für die Wahlen 2023 die Skeptiker-Kollegen von «Aufrecht» attraktiver.
Die Wahl-Hilfe Smartvote hat alle Kandidatinnen und Kandidaten der Schweiz gebeten, ihren Fragebogen auszufüllen. Eine Mehrheit ist dem nachgekommen und so lassen sich Personen und Parteien einerseits als sogenannten «Smartspider» darstellen.
Diese Grafik gibt Aufschluss über die Haltung zu acht Themen. Dieser mehr oder weniger zackige Stern hat tatsächlich bei Aufrecht, Mass-voll und SVP die mehr oder weniger selben Zacken. Zumindest aber völlig andere als zum Beispiel bei der SP.
Parteipolitisch aufschlussreicher ist die Einordnung auf der Liberal-Konservativ- und Links-Rechts-Achse, der Smartmap. Hier ist unverkennbar: SVP und Mass-voll sind quasi bei der Geburt getrennte Geschwister.
Besonders augenfällig: Vor allem im Kanton Zürich liegen die Mass-voll-Kandidaten extrem nahe beeinander. Aber durchaus Hand in Hand mit SVP-Vertretern, die gesamthaft aber viel breiter streuen und eine grosse Individualität erkennen lassen.
Die Positionierung von Mass-voll im sehr rechten, eher konservativen Spektrum wirft aber andere Fragen auf. War der Ex-FDPler Nicolas Rimoldi bislang in der komplett falschen Partei? Die FDP besetzt nämlich in diesem Schema ein völlig anderes Feld. Und: Müsste die SVP nicht in allen Kantonen, wo Mass-voll antritt, mit ihnen eine Listenverbindung eingehen?
Wahltaktik und Befindlichkeiten
Kurze Antwort: Nein. Denn wie im Privaten gilt auch bei politischen Verbindungen: Wenn es nicht schon kompliziert ist, kann es das schnell einmal werden.
Ein Mass-voll-Kandidat mag den Smartvote-Fragebogen ähnlich ausgefüllt haben wie ein SVPler (und sehr, sehr ähnlich wie andere Mass-voll-Kandidaten). Aber die Neu-Partei hat natürlich noch viele andere Facetten. Zum Beispiel sagen ihre Vertreter ab und zu Dinge, die anderen ganz und gar nicht gefallen, wie der Zürcher FDP.
Diese pfiff die SVP zurück, noch bevor die Volkspartei laut über einen massvollen Seitensprung nachgedacht hatte. Die stellte FDP klar, dass eine SVP-Listenverbindung nur ohne Mass-voll funktionieren werde. Obwohl SVP und FDP weiter auseinanderliegen als etwa FDP und Mitte-Partei: Die Wahlkampfstrategen setzen lieber auf ein Zusammengehen der grossen Rechtsbürgerlichen.
In dieser Konstellation erhofft man sich bei den Wahlen 2023 in neun Kantonen eher einen zusätzlichen Sitzgewinn. Oder wenigstens ein Gegengewicht zu allem links der Mitte.
Ungleiche Partner für die Wahlen 2023
Auch wenn man politisch das Heu nicht auf der gleichen Bühne hat, kann ein solches Zusammenspannen durchaus Sinn machen. Gleiches gilt für die Listenverbindungen von Mass-voll und «Aufrecht» in den Kantonen Zürich und Bern. Die Ellipsen, die rund zwei Drittel der Kandidierenden abdecken, berühren sich nur knapp. Einzelne Aufrecht-Exponenten sind gar deutlich im linken Bereich angesiedelt, wie der Ex-Grüne Urs Hans.
Die Listenverbindung, der auch noch die Schweizer Demokraten und die EDU angehören, ist quasi das Gegenstück zu derjenigen der Grossen. Die kleinen Parteien dürften bei den Wahlen 2023 einzeln kaum genügend Stimmen machen für einen ganzen Nationalratssitz. Aber gemeinsam könnten sie es immerhin schaffen. Wobei natürlich alle Beteiligten davon ausgehen, dass die jeweils anderen als Stimmenlieferant zugunsten des eigenen Erfolgs fungieren werden.