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Unmut in der EU über ungarisches Notstandsgesetz wächst

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Belgien,

Die ungarischen Notstandsgesetze sorgen für wachsenden Unmut in der EU. 14 Mitgliedstaaten warnten in einer offensichtlich auf Ungarn bezogenen Erklärung vor nachhaltigen Eingriffen in die Grundrechte im Zuge der Corona-Krise.

Ungarns Regierungschef Viktor Orban
Ungarns Regierungschef Viktor Orban - AFP/Archiv

Das Wichtigste in Kürze

  • Mehrere EVP-Mitglieder fordern Ausschluss von Orbans Regierungspartei.

13 Mitglieder der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) forderten am Donnerstag einen Ausschluss der Fidesz-Partei des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Ein Regierungssprecher in Budapest sprach von einer «Hexenjagd».

Die 14 Unterzeichnerstaaten zeigten sich in dem am Mittwoch veröffentlichten Statement «tief besorgt» über Risiken für die Rechtsstaatlichkeit, die durch «bestimmte Notfallmassnahmen» entstehen könnten. Ungarn und Orban werden in der Erklärung zwar nicht explizit genannt. Doch ist offenkundig, dass sich die Warnung auf das vom Parlament in Budapest am Montag verabschiedete Notstandsgesetz bezieht.

Dieses erlaubt Orban, unbegrenzt per Dekret zu regieren. Er kann den wegen der Pandemie geltenden Notstand ohne Zustimmung des Parlaments beliebig verlängern. Das Notstandsgesetz sieht auch Haftstrafen von bis zu fünf Jahren für die Verbreitung falscher Berichte sowohl über die Pandemie als auch über das Handeln der Regierung vor.

Es sei zwar «legitim», dass Mitgliedstaaten «ungewöhnliche Massnahmen ergreifen, um ihre Bürger zu schützen und die Krise zu bewältigen», hiess es in der Erklärung von 14 der 27 EU-Länder. Doch warnten die Unterzeichnerstaaten vor Gefahren, die durch bestimmte Notstandsmassnahmen für «die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, der Demokratie und der Grundrechte» entstehen könnten.

Die 14 Staaten forderten, dass alle Notfallmassnahmen in der Corona-Krise auf das «unbedingt Nötige» beschränkt sowie zeitlich befristet bleiben müssten. Unterzeichnet wurde die Erklärung neben Deutschland von Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Luxemburg, den Niederlanden, Portugal, Spanien und Schweden. Am Donnerstag schloss sich auch Lettland nach Angaben des dortigen Aussenministeriums den Forderungen an.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) äusserte ebenfalls Sorge über die jüngsten Entwicklungen in Ungarn. Ihr sei bewusst, dass die EU-Mitgliedstaaten im Kampf gegen die Pandemie Notfallmassnahmen ergreifen müssten, sagte sie in Brüssel. Sie habe jedoch die Sorge, dass einige Massnahmen zu weit gingen. «Und ich bin besonders besorgt über die Situation in Ungarn», fügte sie hinzu.

Ein EU-Diplomat sagte der Nachrichtenagentur AFP, in Brüssel würden die Entwicklungen «völlig ungläubig beobachtet». Sie machten noch einmal deutlich, dass die Auszahlung von EU-Mitteln von der Wahrung der Rechtsstaatlichkeit abhängig gemacht werden müsse.

In einem Video im Kurzbotschaftendienst Twitter kritisierte Regierungssprecher Zoltan Kovacs, es laufe eine «politische Hexenjagd und koordinierte Schmierenkampagne» gegen Budapest.

Der EVP-Vorsitzende Donald Tusk will das Verfahren zum Ausschluss der Fidesz-Partei aus der EVP neu beleben. 13 Mitgliedsparteien forderten am Donnerstag in einem Brief an Tusk den Ausschluss der Fidesz. CDU und CSU waren aber ebenso wenig dabei wie andere grosse nationale Parteien von über 80 Mitgliedsparteien.

«Wir möchten unsere tiefe Besorgnis über die politischen Entwicklungen in Ungarn ausdrücken», hiesst es in dem Brief, welcher der Nachrichtenagentur AFP vorlag. Das Notstandsgesetz stelle «einen Verstoss gegen die Gründungsprinzipien liberaler Demokratie und europäische Werte» dar. Es sei zu befürchten, dass Orban seine neu erlangte Macht dazu nutze, um die Zivilgesellschaft weiter einzuschränken, hiess es.

Unterzeichnet wurde der Aufruf durch die Vertreter von Mitgliedsparteien in Belgien, Dänemark, Finnland, Griechenland, Litauen, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Slowakei, Schweden und Tschechien.

Bisher sind drei Versuche gescheitert, die Fidesz auszuschliessen - nach Angaben aus Parteikreisen auch, weil die CDU sich weigerte, dies mitzutragen.

Orban steht seit Jahren wegen der Einschränkung von Bürgerrechten, der Unabhängigkeit der Justiz sowie der Medien- und Meinungsfreiheit in der Kritik. Von einem Rechtsstaatlichkeitsverfahren der EU und mehreren Urteilen des Europäischen Gerichtshofs liess sich der Ministerpräsident aber nicht beeindrucken.

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