Bolivien steht nach Rücktritt von Morales vor ungewisser Zukunft
Gestern Sonntag trat Evo Morales als Präsident Boliviens zurück. Wie es nun mit dem südamerikanischen Land weitergeht, ist ungewiss.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Rücktritt von Evo Morales gab es in Bolivien teils gewalttätige Kundgebungen.
- Oppositionspolitikerin Añez beanspruchte den Posten der Übergangspräsidentin für sich.
- Die Zukunft ist ungewiss, Añez möchte Neuwahlen ausrufen.
Nach dem erzwungenen Rücktritt des langjährigen Präsidenten Evo Morales steht Bolivien vor einer ungewissen Zukunft. In der Nacht zum Montag gab es in den Städten La Paz und El Alto teils gewalttätige Kundgebungen von Gegnern und Anhängern des Ex-Staatschefs.
Wer sein Amt für den Übergang übernehmen würde, war zunächst unklar. Die UNO und die EU riefen zur «Zurückhaltung» auf. Russland prangerte einen «Putsch» gegen den 60-Jährigen an, der seit 2006 an der Spitze des südamerikanischen Landes gestanden hatte.
Am Montagmorgen, wenige Stunden nach seiner Rücktrittsankündigung, meldete sich Morales via Twitter noch einmal zu Wort. Seine Gegner beschimpfte er als «Rassisten und Putschisten» und forderte sie auf, Bolivien zu befrieden.
Mesa y Camacho, discriminadores y conspiradores, pasarán a la historia como racistas y golpistas. Que asuman su responsabilidad de pacificar al país y garanticen la estabilidad política y convivencia pacífica de nuestro pueblo. El mundo y bolivianos patriotas repudian el golpe
— Evo Morales Ayma (@evoespueblo) November 11, 2019
«Sie sollen die Verantwortung für die Befriedung des Landes übernehmen und politische Stabilität garantieren», erklärte er.
Morales trat nach Protesten zurück
Nachdem er auch den Rückhalt der Armee und der Polizei verloren hatte, hatte der linksgerichtete Präsident am Sonntag nach wochenlangen Protesten seinen Rücktritt erklärt. Danach strömten in La Paz tausende Menschen auf die Strassen, schwenkten die bolivianische Fahne und feierten seinen Abgang mit Böllern.
In der Nacht auf Montag eskalierte die Situation jedoch. Wie örtliche Medien berichteten, wurden in La Paz sowie im nahegelegenen El Alto unter anderem Busse sowie die Häuser mehrerer prominenter Gegner des linksgerichteten Ex-Staatschefs in Brand gesetzt. In beiden Städten patrouillierten später Militäreinheiten.
UN-Generalsekretär António Guterres äusserte sich «tief besorgt» und rief zum Gewaltverzicht auf. Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini mahnte die Konfliktparteien zu «Zurückhaltung und Verantwortung», damit das Land friedlich zu «glaubwürdigen» demokratischen Neuwahlen geführt werden könne.
Oppositionspolitikerin will Neuwahlen
Mit Morales traten auch die von der Verfassung vorgesehenen Vertreter des Präsidenten zurück: Vize-Präsident Alvaro García sowie die Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern. Die Oppositionspolitikerin Jeanine Añez, zweite Vize-Präsidentin des bolivianischen Senats, beanspruchte den Posten der Übergangspräsidentin für sich. Dabei werde sie «das alleinige Ziel verfolgen», Neuwahlen in Bolivien auszurufen, erklärte sie.
Morales teilte via Twitter weiter mit, gegen ihn läge ein «illegaler» Haftbefehl vor; ein Polizeisprecher dementierte dies jedoch. Derweil suchten 20 bolivianische Regierungsvertreter und Abgeordnete Zuflucht in der mexikanischen Botschaft in La Paz. Mexiko bot dem 60-Jährigen Asyl an.
Ein Sprecher des russischen Aussenministeriums erklärte, die Proteste der Opposition hätten nun zu einem «inszenierten Staatsstreich» geführt. Auch linksgerichtete Politiker aus Nachbarstaaten verurteilten die Vorgänge in Bolivien.