Boris Johnson badet im Siegerapplaus – Corbyn unter Druck
Während der Wahlsieger Boris Johnson seinen Triumph in einstigen Labour-Hochburgen feiert, lecken Labour-Leute ihre Wunden. Zielscheibe ihres Frusts: Corbyn.
Das Wichtigste in Kürze
- Boris Johnson feierte am Samstag seinen Sieg in Sedgefield, einem neuen Tory-Wahlkreis.
- Viele Labour-Leute geben Parteichef Jeremy Corbyn die Schuld an der Niederlage.
- Johnson erteilte derweil den Unabhängigkeitswünschen Schottlands eine Abfuhr.
Als strahlender Wahlsieger hat sich der britische Premierminister Boris Johnson am Samstag im Norden Englands feiern lassen. Die Konservativen hatten bei der Parlamentswahl am Donnerstag in den ehemaligen Bergarbeiter- und Industrieregionen Wahlkreise gewonnen, die seit Menschengedenken in den Händen der Arbeiterpartei Labour gewesen waren.
Deren Chef Jeremy Corbyn kam unter wachsenden Druck, Verantwortung für die schwerste Niederlage seit mehr als 80 Jahren zu übernehmen und zurückzutreten.
Boris Johnson: «Wunderbare Zeiten für unser Land»
Johnson sprach in Sedgefield rund 400 Kilometer nördlich von London, in einem Cricketclub vor mehreren Dutzend Anhängern. Es war der einstige Wahlkreis von Labour-Premier Tony Blair, der an die Konservativen gefallen war.
«Ihr habt die politische Landkarte verändert», rief Johnson. Er versprach wie im Wahlkampf Investitionen in Infrastruktur, in Schulbildung und moderne Technologie. Er stellte Freihäfen und Freihandel in Aussicht.
«Wir werden uns unser nationales Selbstbewusstsein zurückholen», sagte Johnson. «Es brechen wunderbare Zeiten für unser Land an.» Die Konservativen haben 47 Sitze dazu gewonnen und haben jetzt eine satte absolute Mehrheit im Unterhaus.
Labour-Leute geben Jeremy Corbyn die Schuld
Die abgewählte Labour-Abgeordnete Anna Turley sagte dem Radiosender BBC Radio 4, in ihrem Wahlkreis sei Corbyn das grösste Problem gewesen. Leute, die ihr Leben lang Labour gewählt haben, hätten gesagt: «Ich kann einfach nicht dafür stimmen, dass der Mann Premierminister wird.»
Der frühere Labour-Innenminister David Blunkett machte in der «Daily Mail» Corbyn und eine Clique seiner Berater für das verheerende Ergebnis verantwortlich. Er monierte: «Keine Reue, keine Entschuldigung von Jeremy Corbyn.» Er bemühte einen alten Spruch: «Im Namen Gottes: geh! – Und geh schnell.»
Corbyns Söhne brachen dagegen auf Twitter eine Lanze für ihren Vater. Ihr Vater sei von seinen Gegnern auf gemeine Weise angefeindet worden. Corbyn übernahm keine Verantwortung für die Niederlage.
Er sagte vielmehr, er habe alles getan, um die Partei gut zu führen. Er will den nötigen Reflexionsprozess noch als Parteichef begleiten und nächstes Jahr zurücktreten.
Johnson lehnt Schotten-Referendum ab
Während Johnsons Brexitkurs – abgesehen von dem geplanten Austritt aus der EU am 31. Januar – noch unklar ist, machte er seine Haltung zu schottischen Abspaltungstendenzen sehr klar.
Im Telefonat mit der schottischen Regierungschefin Nicola Sturgeon erteilte er deren Plänen für ein neues Unabhängigkeitsreferendum eine Absage, wie ein Regierungssprecher sagte.
Sturgeon, die den Konservativen mit ihrer Schottische Nationalpartei (SNP) mehrere Parlamentssitze abnahm, will ein Referendum trotzdem vorbereiten. Johnson müsse das Recht der Schotten auf Selbstbestimmung respektieren, sagte sie.