Frankreichs Nationalversammlung debattiert über umstrittene Rentenreform
Nach einer ersten Welle von Streiks und Demonstrationen befasst sich die französische Nationalversammlung von Montag an mit der umstrittenen Rentenreform.

Das Wichtigste in Kürze
- Regierung ist auf Stimmen der konservativen Republikaner angewiesen.
Präsident Emmanuel Macron will das Rentenalter bis 2030 schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben. In Frankreich scheiden Beschäftigte deutlich früher aus dem Arbeitsmarkt aus als in anderen Industrieländern.
Für Macron ist es eines der wichtigsten Vorhaben seiner zweiten und letzten Amtszeit. Die Reform des komplexen und teuren Rentensystems war bereits 2017 eines seiner Wahlkampfthemen gewesen. Ein erster Reformversuch wurde nach langen Protesten wegen der Corona-Pandemie 2021 abgeblasen.
Bis zum 17. Februar wird die Nationalversammlung über das Gesetz und zumindest einen Teil der mehr als 20.000 Änderungsanträge debattieren. Die Debattenzeit ist begrenzt, weil die Regierung die Rentenreform in den Haushalt der Sozialversicherung integriert hat.
Parallel zur Anhebung des Rentenalters soll die Beitragszeit für einen vollen Rentenanspruch schneller als bislang geplant auf 43 Jahre ansteigen. Unternehmen sollen verstärkt Senioren einstellen, und die Mindestrente nach einer vollen Beitragszeit soll um 100 Euro auf 1200 Euro angehoben werden.
Macron betont, die Reform sei nötig, «um das System zu retten». Die Rentenkasse weist derzeit ein Plus auf, dürfte aber ohne Reform bis 2030 in ein Defizit von 14 Milliarden Euro rutschen. Macron verweist zudem auf die übrigen EU-Länder, in denen das Renteneintrittsalter bereits deutlich höher liegt. Laut Umfragen sind seine Zustimmungswerte zuletzt auf 36 Prozent gefallen.
Die linke Opposition weist die Reform als «brutal und ungerecht» zurück. Zum Auftakt der Debatte soll über einen Antrag abgestimmt werden, der das Reformprojekt komplett ablehnt. Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National (RN) hat ihrerseits einen Antrag eingebracht, zu dem Thema eine Volksabstimmung abzuhalten.
Da das Regierungslager seine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung verloren hat, ist Macrons Partei auf die Stimmen der konservativen Republikaner angewiesen. Aber sowohl bei den Republikanern als auch im eigenen Lager gibt es kritische Stimmen.
Nachbesserungen könnte es etwa bei der Anerkennung von Erziehungszeiten von Müttern geben. Derzeit können sich Mütter in der Regel zwei Jahre anrechnen lassen. Für Kinder, die nach 2010 geboren wurden, kann sich wahlweise auch der Vater ein Jahr anrechnen lassen, auch wenn Väter in Frankreich nur selten Elternzeit nehmen.
Weite Teile der Bevölkerung lehnen die Reformpläne ab. Bei den beiden bisherigen Protesttagen demonstrierten jeweils mehr als eine Million Menschen gegen die Reform. Die Gewerkschaften haben zu weiteren Protesttagen am Dienstag und Samstag aufgerufen. An beiden Tagen wird mit zahlreichen Ausfällen in Zügen und im Nahverkehr gerechnet.