Merz wirft Regierung «groben Wortbruch» in der Verteidigungspolitik vor
Unionsfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat der Bundesregierung vorgeworfen, ihre verteidigungspolitischen Zusagen nicht einzuhalten.

Das Wichtigste in Kürze
- In Generaldebatte auch scharfe Kritik am Vorgehen in der Energiekrise.
Entgegen der Ankündigung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kurz nach Beginn des Ukraine-Kriegs, die Verteidigungsausgaben ab sofort auf mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen, werde der Verteidigungshaushalt von diesem auf nächstes Jahr schrumpfen, sagte Merz am Mittwoch in der Generaldebatte im Bundestag. «Das ist ein grober Wortbruch gegenüber dem Parlament und vor allem gegenüber der Bundeswehr.»
Auch mit dem Verfahren rund um das Sondervermögen für die Bundeswehr von 100 Milliarden Euro zeigte sich der CDU-Chef unzufrieden. «Es ist bis zum heutigen Tag nicht ein einziger neuer Auftrag erteilt und nicht eine einzige Ausschreibung veröffentlicht worden», sagte Merz. «Ein solcher Umgang mit Ihren eigenen Zusagen, Herr Bundeskanzler, und der Umgang mit unseren Partnern in der Nato und in der Europäischen Union löst zu Recht Befremden und erhebliches Misstrauen aus.»
Harsche Kritik äusserte Merz ausserdem an der Energiepolitik der Regierung, wobei er insbesondere Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ins Visier nahm. Dieser habe in Zusammenhang mit den beiden Stresstests für die deutsche Stromversorgung die Öffentlichkeit «vorsätzlich und bewusst getäuscht». Die von der Ministeriumsspitze «gewünschten Ergebnisse» hätten lange im Voraus festgestanden, sagte Merz. Die Expertise von Fachleuten sei ignoriert worden – «da pfeifen Sie drauf, wenn es Ihrer Ideologie nicht entspricht».
Wenn die Regierung auf die Energiekrise «rechtzeitig, konsequent und vor allem mit den richtigen Instrumenten» reagiert hätte, wären die Preise zwar auch höher ausgefallen als vor dem Ukraine-Krieg, sagte Merz. «Aber dann wäre es nicht zu solchen Preisausschlägen gekommen, wie wir sie seit einigen Monaten sehen», zeigte er sich überzeugt.
Merz bekräftigte in diesem Zusammenhang die Forderung seiner Fraktion, die verbliebenen drei deutschen Atomkraftwerke deutlich länger laufen zu lassen als von der Regierung geplant. Es sei nötig, «wirklich alle Ressourcen der Energieerzeugung» auszuschöpfen und «nicht nur die, die Sie gerne hätten aus ideologischen Gründen».
Insgesamt warf Merz dem Bundeskanzler vor, eine Chance vertan zu haben. Scholz habe am 27. Februar, drei Tage nach Kriegsbeginn, eine «wirklich bemerkenswerte Regierungserklärung» gehalten. Mit dem Begriff der «Zeitenwende» habe der Kanzler eine «grosse Veränderungsbereitschaft» im Land ausgelöst. Hier habe die Chance dafür gelegen, «verkrustete Strukturen aufzubrechen», Prioritäten neu zu setzen und «liebgewordene Gewohnheiten abzulegen», urteilte Merz. Stattdessen aber befasse sich die Regierung «immer noch» mit dem «Klein-Klein Ihres Koalitionsvertrages» und versinke im «ständigen Streit» der Ministerinnen und Minister.