Nato-Generalsekretär kritisiert Eigennutzfixierung in Rüstungspolitik
«Wir sind nicht in der Lage, so eng zusammenzuarbeiten, wie wir es sollten», sagt Jens Stoltenberg zur europäischen Rüstungspolitik.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kritisiert engstirnige nationale Interessen in der europäischen Rüstungspolitik. «Wir sind nicht in der Lage, so eng zusammenzuarbeiten, wie wir es sollten», sagte er in einem Interview des ARD-Studios Brüssel. Dies führe zu höheren Kosten und erschwere es, die Produktion auszuweiten.
Das Problem der Fragmentierung der europäischen Verteidigungsindustrie müsse angegangen werden, forderte Stoltenberg. Es gehe dabei um Eigeninteressen der Industrie und um Jobs. Wichtig sei aber das grosse Ganze und das kollektive Interesse.
Als ein Beispiel für Verbesserungsbedarf nannte der Norweger die Munitionsproduktion, die derzeit wegen des grossen Bedarfs der Ukraine für den Abwehrkampf gegen Russland besonders im Fokus steht. Es gelte zu verhindern, dass die gestiegene Nachfrage nach Munition nur die Preise treibe, forderte er. Man brauche ein grösseres Angebot. Die Produktion hochzufahren, sei von entscheidender Bedeutung.
Stoltenberg spricht von grossen ukrainschen Erfolgen im Ukraine-Krieg
Zur Lage an der Front in der Ukraine sagte Stoltenberg, es stimme, dass sich dort in den letzten Monaten nicht viel bewegt habe. «Aber die Ukrainer konnten den russischen Streitkräften durch Angriffe mit Marschflugkörpern tief hinter den feindlichen Linien schwere Verluste zufügen, Flugzeuge und Hubschrauber zerstören und sie konnten die russische Schwarzmeerflotte in den östlichen Teil des Schwarzen Meeres zurückdrängen.»
Dies bedeute, dass nun wieder Schiffe Getreide aus der Ukraine durch das Schwarze Meer transportieren könnten. Dies seien grosse Erfolge, auch wenn es nicht gelungen sei, die Frontlinie zu verschieben.
Über die möglichen weiteren Entwicklungen wollte Stoltenberg nicht spekulieren. «Kriege sind von Natur aus unberechenbar», sagte er. Man wisse aber, je mehr man die Ukraine unterstütze, desto schneller werde der Krieg beendet werden können.
Auf die Frage, ob sich die Situation für Ukraine in Zukunft auch verschlechtern könnte, antwortete Stoltenberg: «Wir müssen auch auf schlechte Nachrichten vorbereitet sein.» Kriege verliefen in Phasen. Man müsse der Ukraine in guten wie in schlechten Zeiten zur Seite stehen.