Polen will Neubesetzungen am Obersten Gericht beschleunigen

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Polen treibt trotz anhaltender Bedenken der Europäischen Union die Neubesetzungen am Obersten Gericht voran.

Demonstranten protestieren gegen die Justizreform Polens vor dem Obersten Gericht in Warschau.
Demonstranten protestieren gegen die Justizreform Polens vor dem Obersten Gericht in Warschau. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Polen will das Urteil der EU zur Neubesetzung des Obersten Gerichts nicht abwarten.
  • Laut dem zuständigen Gremium wird das Verfahren «so schnell sie können» beschleunigt.

Der für die Nominierungen des Obersten Gerichts in Polen zuständige Landesrichterrat kündigte heute Mittwoch in Warschau an, die Auswahlverfahren für die Kandidaten zu beschleunigen – trotz der Bedenken der Europäischen Union. «Wir beschleunigen so schnell wie wir können», sagte der Vorsitzende des Gremiums, Leszek Mazur.

Polens Oberstes Gericht hatte die umstrittenen Neubesetzungen Anfang des Monats ausgesetzt und den Gerichtshof der Europäischen Union um eine Einschätzung gebeten. Diese Bewertung der Luxemburger Richter wartete der Landesrichterrat nun aber nicht ab.

Umstrittenes Gesetz zur Zwangspension

Die Neubesetzungen am Obersten Gericht sollen auf Grundlage eines umstrittenen Gesetzes zur Zwangspensionierung erfolgen: Die im vergangenen Monat in Kraft getretene Regelung senkt das Ruhestandsalter für die Richter von 70 auf 65 Jahre. Damit können 27 der 72 derzeit amtierenden Richter zwangsweise in den Ruhestand geschickt werden, darunter auch Gerichtspräsidentin Malgorzata Gersdorf. Wegen der Proteste gegen das Gesetz setzte das Gericht die Zwangspensionierungen inzwischen aus, bis sich das EU-Gericht in der Angelegenheit geäussert hat.

Kritiker sehen das Gesetz als weiteren Versuch der rechtsnationalistischen Regierungspartei PiS, die polnische Justiz auf Linie zu bringen. Zuvor hatte sie bereits die Besetzung des zur Unabhängigkeit verpflichteten Landesrichterrats verändert.

EU-Kommission wirft Polen Beschneidung der Justiz vor

Die EU-Kommission hatte vergangene Woche im Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen zum Schutz der Unabhängigkeit des Obersten Gerichts die nächste Stufe eingeleitet. Polen habe die rechtlichen Bedenken Brüssels immer noch nicht ausgeräumt, bemängelte die EU-Kommission. Sie gab Polen einen Monat Zeit, die erforderlichen Massnahmen zu ergreifen. Die Kommission wirft Warschau vor, die Unabhängigkeit der Justiz zu beschneiden und die Gewaltenteilung zu untergraben.

Das Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen kann zumindest theoretisch bis zum Entzug von Stimmrechten auf EU-Ebene führen. Das Votum darüber muss allerdings einstimmig fallen. Das ebenfalls rechtskonservativ regierte Ungarn hat bereits angekündigt, Strafmassnahmen gegen Warschau nicht mitzutragen.

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