Trump: 162 Lügen und Verzerrungen in einer einzigen Medienkonferenz
Präsidentschaftskandidat Donald Trump lud die Medien nach Mar-a-Lago ein. Für unzweifelhaft korrekte Aussagen blieb wenig Raum, zeigt nun ein Faktencheck.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Sender NPR hat die Medienkonferenz von Donald Trump einem Faktencheck unterzogen.
- Das gab viel zu tun: 162 Aussagen Trumps stimmten nicht mit der Wahrheit überein.
- Besonders fixiert scheint Trump nach wie vor auf Zuschauerzahlen zu sein.
Der Präsidentschaftskandidat der Republikaner für die US-Wahlen, Donald Trump, setzt einmal mehr neue Massstäbe. Die über eine Stunde dauernde Medienkonferenz in seiner Florida-Residenz Mar-a-Lago von letzter Woche war gespickt mit Falschaussagen. Dies in einem Ausmass, das selbst für Trumpsche Verhältnisse exorbitant ist.
Lügen, verzerren, übertreiben: Trump schafft es zweimal pro Minute
Dass vieles nicht stimmen konnte, war den Zuschauern bald einmal klar. Prominentestes Beispiel war Trumps Erzählung über eine Helikopter-Notlandung, die er zusammen mit Kamala Harris' ehemaligen Lebenspartner erlebt habe. Er kenne nämlich diesen Willie Brown, den ehemaligen Bürgermeister von San Francisco, sehr gut. Dieser habe ihm «schreckliche Dinge» über Harris erzählt.
Nur war es gar nicht Willie Brown, der mit Trump an Bord des Helikopters war. Sondern Nate Holden, ein – ebenfalls schwarzer – Politiker aus Los Angeles. Bildern nach zu schliessen ist Holden auch etwa 20 cm grösser. «Wir sehen wohl alle gleich aus», meinte ein lachender Holden gegenüber «Politico».
Der öffentlich-rechtliche Sender NPR hat nun sämtliche Aussagen von Donald Trump einem Faktencheck unterzogen. Ergebnis: 162 Falschaussagen, Übertreibungen und glatte Lügen in 64 Minuten – «mindestens».
Schon im ersten Satz seiner einleitenden Worte hatte NPR gleich drei Aussagen zu beanstanden: Wirtschaft und Sicherheit der USA sind nicht in der gefährlichsten Lage aller Zeiten und die Kriminalität zeige sogar einen Abwärtstrend.
Harris ist eine Katastrophe und Trump hat am meisten Zuschauer
Donald Trump scheint vom Personal-Wechsel bei den Demokraten und vom Harris-Enthusiasmus auf dem falschen Fuss erwischt worden zu sein. Nun versucht er verzweifelt, einerseits Kamala Harris zu diskreditieren und andererseits ihren Erfolg im Wahlkampf kleinzureden.
So nennt er sie wiederholt «Border Czar» («Grenz-General»), obwohl sie weder Titel noch eine solche Funktion jemals hatte. Ihre Politik sei furchtbar: Als Bezirksstaatsanwältin und später als Generalstaatsanwältin habe sie zunächst San Francisco und dann Kalifornien «zerstört».
NPR hält dem entgegen, dass die Zerstörung von Städten und Bundesstaaten wohl kaum aufgrund der Taten einer Einzelperson möglich sei. Abgesehen davon sei weder San Francisco noch Kalifornien zerstört worden.
Ein Dorn im Auge ist Donald Trump auch die Berichterstattung über die Anzahl Zuschauer bei Wahlkampfveranstaltungen. Die Medien würden bei Harris übertreiben und seine eigenen grössten Zuschauermengen aller Zeiten unerwähnt lassen. In seiner Fixierung auf Zuschauerzahlen geht Trump sogar so weit, sich mit Bürgerrechtskämpfer Martin Luther King zu vergleichen.
Denn sie hätten beide in der gleichen «Immobilie» gesprochen, wobei er wohl aber mehr Zuschauer gehabt habe. Abgesehen davon, dass Trump Denkmäler wie das Lincoln Memorial als «Immobilie» bezeichnet, stimme das gleich doppelt nicht. Martin Luther King hatte bei seiner «I Have a Dream»-Rede 250'000 Zuschauer – daran komme Donald Trump nicht heran. Trump stand auch nicht auf der Treppe des Lincoln Memorials, sondern der Immobilie «Rasen» südlich der «Ellipse» vor dem Weissen Haus.
Donald Trump macht die Welt, wie sie ihm gefällt
Oft müssen die Faktenchecker aber schlicht raten, welche Personen, Anlässe oder Umfragen Donald Trump wohl gemeint haben könnte. Oder wie er auf die Idee kommt, Kamala Harris sei Juden gegenüber böse und respektlos: Ihr Ehemann ist Jude.
Gemäss Trump führt er selbst in allen möglichen Umfragen auf nationaler oder bundesstaatlicher Ebene und bei allen Bevölkerungsgruppen. Mit Abstand. Sicher nicht, sagt NPR: Trump liege allenfalls in einigen, nicht sehr glaubwürdigen Umfragen knapp vorne. Bei den meisten seien Trump und Harris aber etwa gleichauf oder der Unterschied liege im Bereich der statistischen Fehlerquote.
Vieles scheint schlicht erfunden. Trumps Einwanderungszahlen verblüffen die an sich zuständigen Ämter. Die Lebensmittelpreise sind nicht um 50 bis 70 Prozent gestiegen. Die «Strategische Öl-Reserve» ist nicht leer und die Demokraten wollen nicht die staatliche Rentenversicherung zerstören.
Die TV-Debatte findet beim Sender ABC statt, nicht NBC. Es stimmt nicht, dass «niemand» über seinen Gerichtsfall rund um die im Badezimmer gelagerten Geheimdokumente berichtet habe. Das Abtreibungsverbot ist nicht «kein grosser Faktor mehr», sondern ein zentrales Wahlkampf-Thema. Trumps Wählerbasis ist nicht 75 Prozent der Stimmberechtigten.
Sogar für Politiker: «Jenseits aller Grenzen»
Dass Politiker keine Heiligen sind, ist NPR auch klar. «Sie verdrehen, sie flunkern, sie verplappern sich – wie wir alle auch.» Es zeige sich vor allem, wie wichtig Trump Zuschauerzahlen seien.
Aber 162 Mal in 64 Minuten sei jenseits aller Grenzen dessen, was die meisten Politiker täten. «Und umso problematischer für jemanden, der als Anführer der freien Welt kandidiert.»