«Demokratie kein Selbstläufer» – FDP SO will Stimm- und Wahlpflicht
Im Solothurn wird über die Einführung einer Stimm- und Wahlpflicht diskutiert. FDP-Kantonsrätin Johanna Bartholdi erklärt im Interview, weshalb sie dafür ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Kantonsrat Solothurn diskutiert an der Junisession über eine Stimm- und Wahlpflicht.
- Ziel des Vorstosses ist es, die Stimmbeteiligung im Kanton zu erhöhen.
- Johanna Bartholdi (FDP): «Manchmal muss man die Menschen zu ihrem Glück zwingen.»
Ein fraktionsübergreifender Auftrag will im Kanton Solothurn eine Stimm- und Wahlpflicht einführen. Mit einer solchen Pflicht soll die Stimmbeteiligung gesteigert werden. Bisher kennt nur Schaffhausen eine solche Regelung – wer sich drückt, bezahlt sechs Franken Busse. Die Zahlen geben dem Ansatz von Schaffhausen recht, seit Jahren ist man schweizweit deutlich auf Platz eins, was die Stimmbeteiligung angeht.
Nau.ch hat bei den verschiedenen Fraktionen im Solothurner Kantonsrat nachgefragt, was sie von einer solchen Regelung halten. Den Start macht Johanna Bartholdi (FDP).
Nau.ch: Befürworten Sie die Einführung einer Stimm- und Wahlpflicht im Kanton Solothurn?
Johanna Bartholdi: Ja. Manchmal muss man die Menschen zu ihrem Glück zwingen. Demokratie ist kein Selbstläufer.
Nau.ch: Schaffhausen ist aktuell der einzige Kanton mit einer Stimm- und Wahlpflicht. Bei Abstimmungen oder Wahlen weist der Kanton fast immer die höchste Stimmbeteiligung auf. Wäre für Solothurn eine ähnlich positive Entwicklung zu erwarten?
Bartholdi: Ganz klar.
«Der Appetit kommt beim Essen»
Nau.ch: Bei Menschen, die bisher nicht wählen oder abstimmen gingen, liegt die Vermutung nahe, dass sich diese kaum mit der Materie beschäftigen würden. Befürchten Sie, dass es dadurch zu willkürlichen Wahl- und Abstimmungsergebnissen kommt?
Bartholdi: Nein, man kann auch leer abstimmen oder wählen – der Appetit kommt beim Essen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, den Stimmrechtsausweis innert drei Tagen zurückzusenden.
Nau.ch: In welcher Höhe sollte eine allfällige Busse angesetzt sein und für welchen Zweck sollten die Einnahmen ihrer Meinung nach verwendet werden?
Bartholdi: Ich stelle mir eine Busse in der Höhe vom Preis von zwei Cafés crème oder zwei Stangen Bier vor. Einkassierte Beiträge werden für die Finanzierung der Staatskunde in den Schulen eingesetzt.
Nau.ch: Welche alternativen Massnahmen schlagen Sie vor, um für eine höhere Stimmbeteiligung zu sorgen?
Bartholdi: Es braucht Online-Wahlen und -Abstimmungen beziehungsweise E-Voting. Auch müssen Stimm- und Wahlunterlagen attraktiver gestaltet werden – ganz nach dem Motto: kurz, wahr, präzise, genau, aber nicht langweilig und belehrend. Diese dürfen auch einen Fun-Effekt haben.
Zur Person: Johanna Bartholdi ist Solothurner FDP-Kantonsrätin und Gemeindepräsidentin von Egerkingen.