Kommentar: UEFA spielt im Super-League-Kampf das Unschuldslamm
Die «Super League» erschüttert Fussball-Europa in seinen Grundfesten. Die UEFA setzt sich zur Wehr – und stellt sich als unschuldiges Opfer dar. Ein Kommentar.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Montagmorgen erwacht Fussball-Europa zur Ankündigung einer neuen «Super League».
- Die UEFA wehrt sich und stellt sich als unschuldiges Opfer der Separatisten dar.
- Dabei hat Europas Fussballverband selbst Teilschuld an der Misere.
Zu beneiden ist Aleksander Ceferin (53) aktuell nicht. In seine Amtszeit als Präsident der UEFA fällt nicht nur die pandemiebedingte Krise. Nun muss sich der Slowene auch noch mit einer Piraten-Liga herumschlagen, die Fussball-Europa zu spalten sucht.
Kein Wunder, dass Ceferin da emotional wird. Schlangen seien sie, die Agnellis und die Woodwards dieser Fussballwelt. Da spricht ein Mann, der sich verraten und hintergangen fühlt – und das vermutlich gar nicht zu Unrecht.
Aber in Ceferin und seiner UEFA nun die unschuldigen Opfer einer separatistischen Attacke zu sehen, das wäre verblendet.
In der Krise um die neue «Super League» geht es um das, was auch dem europäischen Verband das Wichtigste ist: ums Geld.
Und als UEFA-Präsident trägt Ceferin nicht unwesentlich Mitschuld an der Misere, in der Europas Fussball jetzt steckt. Die horrenden Summen, die sich in der Champions League verdienen lassen, sorgen eben für ein Ungleichgewicht der Kräfte.
Die UEFA muss das Kräfteverhältnis ändern
Seit Jahren sind die grössten finanziellen Gewinner auf der europäischen Bühne die ohnehin schon reichsten Clubs. Die Reichsten werden reicher, der Abstand zum Rest der Welt wird grösser. Und bisher fand die UEFA daran nichts Verwerfliches.
Erst jetzt, als die Gefahr droht, vom Einnahmen-Kuchen nichts abzubekommen, geht die UEFA auf die Barrikaden.
Das ist ihr gutes Recht, schliesslich geht es durchaus auch um ihre Daseinsberechtigung. Aber es ist auch unfassbar scheinheilig!
Wenn die Gefahr einer Piraten-Liga langfristig abgewendet werden soll, dann muss die UEFA aus dieser Krise lernen.
Es gilt, die grossen Clubs zu entmachten, die kleinen Vereine zu stärken. Sonst ist der nächste Separatisten-Angriff nur eine Frage der Zeit.