Red-Bull-Job: Hat Jürgen Klopp «seine Seele verkauft»?
Jürgen Klopp stösst ab Januar zu Red Bull – und bricht Fussballromantikern damit das Herz. Hat Kloppo schlau entschieden? Das sagt Nau.ch.
Das Wichtigste in Kürze
- Jürgen Klopp stösst als «Head of Global Soccer» per 1. Januar zu Red Bull.
- Ausgerechnet die beliebte Trainerlegende verärgert damit die Fussball-Traditionalisten.
- Tut sich Jürgen Klopp mit RB einen Gefallen? Die Nau.ch-Sportredaktion ist sich uneins.
Seit Mittwochmorgen ist klar, wie es für Jürgen Klopp weitergeht. Die deutsche Trainerlegende kehrt nach seinem Ende bei Liverpool ab Januar ins Fussballgeschäft zurück. Bei Red Bull wird er Fussballchef, offiziell «Head of Global Soccer».
In dieser Tätigkeit soll er sein Know-how in der taktischen Entwicklung sowie im Scouting bei den Dosenklubs einbringen.
Jürgen Klopp enttäuscht Fussballromantiker
Er sehe seine Rolle «in erster Linie als Mentor für die Trainer und das Management der Red Bull Clubs». Aber letztendlich sei er «Teil einer Organisation, die einzigartig, innovativ und zukunftsorientiert ist. Wie gesagt, nichts könnte mich mehr begeistern.»
Für viele Fussballfans ist die Nachricht ein Schock ...
Denn Red Bull und seine Klubs sind bei Traditionalisten und Fussballromantikern nicht gerade beliebt. Im Zentrum stehen die Kommerzialisierung sowie fehlende Geschichte und Tradition.
Hat Klopp – um es in den Worten eines X-Nutzers auszudrücken – «seine Seele verkauft»? Auf der Nau.ch-Sportredaktion gehen die Meinungen auseinander.
Andrea Schüpbach, Sportredaktor
Jürgen Klopp wird «Head of Global Soccer» bei Red Bull. Allein beim Begriff «Soccer» in der Jobbezeichnung kriegen Klopp-Liebhaber eine negative Gänsehaut.
Kloppo galt bis heute Morgen als Galionsfigur des romantischen Fussballs, als Vertreter von Arbeiterstädten und Traditionalisten. Seine Karriere, ein Vorzeigeweg für Fussballromantiker. Mainz, BVB, Liverpool – ein bisschen Kitsch gehörte immer dazu.
Heute Morgen wechselt die «Ikone des Malocherfussballs» nun zum «Marketingexperiment» Red Bull, wie böse Zungen noch immer sagen. Brause statt Bier.
Noch im Juni kommentierte Klopp-Berater Marc Kosicke ein erstes Gerücht so: «Totaler Quatsch, da ist nichts dran!» Schade, stellt sich das Statement nun als halbe Wahrheit heraus.
Auch wenn Jürgen Klopp eine DFB-Klausel in seinem Red-Bull-Vertrag besitzen soll: Ich hätte mir gewünscht, dass Klopp den Red-Bull-Umweg auslässt. Und nach einer wohlverdienten Pause nach der WM 2026 Nagelsmann-Nachfolger wird.
Nicola Wittwer, Sportredaktor
Klopp habe sich verkauft, heisst es in den sozialen Medien – ausgerechnet er. Bei allem Respekt vor den Fussball-Traditionalisten und Red-Bull-Gegnern: Das sehe ich als Nicht-RB-Anhänger nicht so.
Denn wie die Trainerlegende in der Vergangenheit selbst sagte, steckt bei Red Bull nicht einfach Geld und Kommerz dahinter. Der Konzern hat tatsächlich eine «Fussballidee», um Klopp zu zitieren. Und diese funktioniert – das muss man anerkennen und sollte man auch schätzen. Wer bei Red Bull nur Geld und Kommerz sieht, schaut nicht gut genug hin.
Die RB-Idee funktioniert nicht nur, sondern sorgt auch für guten Fussball. Gerade Klubs wie RB Leipzig oder RB Salzburg spielen nicht selten attraktiv. Das macht die Zusammenarbeit mit Jürgen Klopp aus sportlicher Sicht noch spannender.
Red Bull wird mit Klopp für junge Trainer und Spieler noch interessanter. Und nicht etwa, weil viel Geld und ein Milliardenkonzern dahinterstecken. Sondern eine Idee, die funktioniert.
Geht es um Fan-Emotionen, Tradition und Geschichte, sind die Red-Bull-Klubs klar im Nachteil. Doch für den sportlichen Erfolg im Hier und Jetzt sind eben auch andere Sachen wichtig. Und diese kann sich so mancher Kultverein bei RB abschauen.
Wer die RB-Klubs einfach aus Prinzip ablehnt oder gar hasst, verpasst oder verweigert die gute sportliche Arbeit, die dahintersteckt. Aus meiner Sicht hat sich Jürgen Klopp einen interessanten Job ausgesucht.