Fussball-Talk: FCB hat sich verzockt – Gegen Florenz sind alle Bebbi
Nach der Sternstunde kassiert der FCB beim FCSG eine Klatsche. YB und FCZ sehen Premieren-Tore. Und Sion wirft den Trainer raus. Hier kommt der Fussball-Talk.
Das Wichtigste in Kürze
- Gleich mit 6:1 bodigt der FCSG einen stark umgebauten FC Basel.
- Am Donnerstag wartet auf die Bebbi eine historische Chance gegen Fiorentina.
- YB und der FCZ lassen es beim 1:1 im «Meister-Duell» eher gemächlich angehen.
- Sportchef Christoph Böhlen und Fussball-Chefreporter Mischi Wettstein im Gespräch.
Nau.ch: Nach der Europa-Sternstunde in Florenz kassiert der FC Basel in St.Gallen eine 1:6-Klatsche. Was ist denn da bitte passiert?
Mischi Wettstein: Vorneweg: Der Sieg in Florenz und der zum Greifen nahe Conference-League-Final in Prag sind einfach in den Köpfen der Spieler drin. Das ist schliesslich eine historische Chance. Wer das nicht versteht – den verstehe ich nicht… Denn: Bei allen Beschwörungen, den Fokus auf die Liga zu richten, habe ich für die Bebbi ein bisschen Verständnis. Dass aber gerade die Spieler, die in Italien keinen Einsatz hatten, ihre Chance in der Ostschweiz nicht nutzten – dafür habe ich kein Verständnis.
Zudem hat es der Trainer-Staff mit gleich neun Änderungen in der Startelf auch übertrieben. Dieses Team hat und wird wohl nie mehr in dieser Zusammenstellung auflaufen. Und dem 15-jährigen Marvin Akahomen hat man mit seinem Startelf-Debüt wohl auch keinen Gefallen getan. Aber im Nachhinein ist man immer schlauer.
Christoph Böhlen: Keinen Gefallen getan? Ich finde, man hat den jungen Mann geradezu verheizt! Gegen einen Gegner, der so hoch und aggressiv presst wie St.Gallen, ist ein Startelf-Debüt doppelt schwierig. Zumal bei neun Wechseln jegliche Automatismen im Team fehlen – und auf die müsste sich ja ein 15-Jähriger schon verlassen dürfen.
Logisch, ist die Conference League eine grosse Geschichte. Aber als FCB-Fan würde ich mich schon fragen, wie es um die Einstellung einiger Spieler steht? Zehn Liga-Siege aus 33 Spielen sind arg wenig. Das Team, das gegen den FCSG startete, hat doch auf dem Papier genügend Qualität für drei Punkte?
Nau.ch: Fehlt es dem Basler Kader vielleicht an der nötigen Breite?
Mischi Wettstein: Die Breite stimmt, aber in der Qualität kommt das FCB-Team natürlich nicht an YB heran. Bei den Bernern hat man bei kaum einem Wechsel einen Qualitätsverlust. Beim FCB ist das Gefälle deutlich grösser.
Christoph Böhlen: Wie gesagt: Es standen in meinen Augen genügend gute Spieler auf dem Platz, um ein anständiges Liga-Spiel zu absolvieren. Und für mich sind auch die beiden Freistoss-Entscheide des Schiedsrichters keine Entschuldigung für ein 1:6. Klar: Vor dem 0:1 ist es ein Foul an Kade – und nicht umgekehrt. Aber das darf ein Team trotzdem nicht derart aus dem Konzept bringen.
Nau.ch: Das europäische Gesicht des FC Basel ist ja ein ganz anderes. Ist die verpatzte Hauptprobe vor dem Fiorentina-Rückspiel ein gutes Omen für Donnerstag?
Christoph Böhlen: Ich habe bisher in jeder Runde an einen Basler Exploit geglaubt. Für Donnerstag zweifle ich aber, ob das Team den Schalter noch einmal so umlegen kann. In jeder Woche «Liga pfui, Europa hui», das kann nicht gut gehen. Darum würde ich mein Geld eher auf Fiorentina setzen.
Mischi Wettstein: Am Donnerstag hoffe ich auf nationale Unterstützung für den FCB. Am Donnerstag sind wir alle Basler! Ich bin vorsichtig optimistisch für das Rückspiel. Ich habe in Florenz schon gesehen, dass die Italiener auch kicken können. Und ich weiss nicht, wie gefährlich es für die Basler ist, dass schon ein Unentschieden reichen könnte. Aber ich wünsche mir natürlich diese FCB-Reise nach Prag! Den 7. Juni habe ich mir auf jeden Fall schon mal im Kalender angestrichen.
Nau.ch: Wechseln wir den Schauplatz. Beim Duell zwischen dem neuen und dem alten Schweizer Meister trotzt der FCZ YB auswärts einen Punkt ab. Verdient?
Christoph Böhlen: Es war ein klassisches Kehraus-Spiel, in dem es für beide Teams nicht mehr um wahnsinnig viel ging. Vielleicht ist es sinnbildlich, dass mit Lewin Blum und Bledian Krasniqi beide Torschützen ihre Goal-Premiere in der Super League feierten. Dass aber der FCZ in Bern punkten konnte, ist schon auch Goalie Yanick Brecher zu verdanken. Und dem Chancenwucher von YB-Talent Donat Rrudhani…
Mischi Wettstein: YB gegen FCZ war bei dieser Ausgangslage etwa so interessant, wie wenn in China ein Velo umfällt.
Nau.ch: Blicken wir ans Tabellenende. Barrage-Platz 10 dürfte Sion wohl kaum mehr zu nehmen sein?
Mischi Wettstein: Es läuft halt der ganz normale Sion-Wahnsinn! Es warten jetzt noch Heimspiele gegen YB und Luzern und zum Abschluss das Spiel in St.Gallen. Ich weiss nicht, wann die Walliser in diesem Zustand noch gross punkten wollen. Vielleicht setzt der erneute Trainerwechsel noch mal Energie frei?
Christoph Böhlen: Ich hoffe, die Walliser schaffen den Klassenerhalt noch – ob direkt oder via Barrage. Denn: Ohne das «Sion-Theater» wäre die Super League nicht halb so unterhaltsam. Während bei manchem Absteiger eine Runde in der Challenge League auch schon reinigenden Charakter hatte, wäre dieses Szenario für Sion wohl eher der Todesstoss.
Nau.ch: Was möchtet Ihr zum vergangenen Fussball-Wochenende sonst noch loswerden?
Mischi Wettstein: Das spannende Rennen in der Challenge League geht weiter! Ich gratuliere Marco Schällibaum jetzt bereits zum Aufstieg mit Yverdon, auch wenn das Sternchen in der Tabelle noch fehlt. Aber dahinter ist wieder alles offen. Auch der FC Aarau ist wieder voll im Rennen dank dem Sieg über Angstgegner Vaduz.