Olympia 2024: Gemischte Gefühle bei Simon Ehammer
Simon Ehammer hat nach dem 4. Platz bei Olympia 2024 gemischte Gefühle. Dass er die erhoffte Medaille knapp verpasst hat, wird ihn zusätzlich anspornen.
Das Wichtigste in Kürze
- Simon Ehammer springt in seiner Paradedisziplin an Edelmetall knapp vorbei.
- Letztlich fehlen dem Schweizer 14 Zentimeter auf einen Medaillen-Zwischenrang.
Leichtathletik ist eine Weltsportart. Ein 4. Rang bei Olympia ist daher nicht hoch genug einzuschätzen. Letztmals holte 1988 in Seoul ein Schweizer eine olympische Medaille in der Leichtathletik, als Kugelstösser Werner Günthör Bronze gewann.
Aber eben, ein 4. Platz ist auch bitter. Zum Podest fehlten Ehammer mit 8,20 m 14 Zentimeter.
Deshalb hatte er «schwankende» Gefühle, verdrückte er einige Tränen und «es werden nicht die letzten gewesen sein. Einerseits bin ich mega zufrieden und stolz, Vierter an Olympischen Spielen tönt gut. Anderseits bin ich sehr, sehr enttäuscht. Ich weiss, es wäre so viel mehr möglich gewesen.»
Damit sprach er an, dass er seine Bestweite «mit so gut wie keinem Balken» sprang, also einige Zentimeter verschenkte. Kleinigkeiten hätten nicht gepasst, «es fehlte heute das nötige Quäntchen Wettkampfglück.»
Dazu, dass er vor den sechs Versuchen bei Olympia jeweils ein Lachen auf dem Gesicht hatte, sagte er: «Wenn ich in einem Olympia-Final mit einer angestrengten Miene dastehen würde, dann wäre ich am falschen Ort. Ich konnte es geniessen, nach der Qualifikation für den Final fiel sehr viel Druck von meiner Schulter.»
Trainer blickt bei Olympia 2024 zurück: «Er war technisch ganz schlecht»
Der 4. Platz bei Olympia ist auch deshalb sehr hoch einzuschätzen, weil Ehammer nicht mit aussergewöhnlichem Talent gesegnet war. Er wäre beinahe nicht in die Sportschule in Teufen aufgenommen worden.
Der für die Gesamtplanung zuständige René Wyler, der Leiter des Sportleistungszentrums Appenzellerland, erinnert sich: «Als er zu mir gekommen ist, hat alles gezappelt und gewackelt, war er technisch ganz schlecht». Er hätte damals nicht wahnsinnig viel Geld auf eine erfolgreiche Karriere von Ehammer gesetzt.
Dieser dachte allerdings schon damals gross, was Wyler beeindruckte. Beim Aufnahmegespräch für die Sportschule nannte Ehammer die Teilnahme an Olympischen Spielen als Ziel.
Es ist das eine, das zu sagen, doch muss man auch die Bereitschaft haben, alles dafür zu tun. Genau das zeichnet Ehammer aus. «Wenn ihm eine persönliche Bestleistung gelang, dachte er sofort weiter», blickte Wyler zurück.
Ehammer liess sich auf seinem Bizeps den Satz «Hard work will never let you down» tätowieren, was übersetzt heisst: «Harte Arbeit wird dich nie im Stich lassen.» Nach diesem Motto lebt er.
Er überlässt nichts dem Zufall, ist jemand besser als er, spornt ihn das an. «Ich hasse es zu verlieren, will überall der Beste ein, auch in kleinen Spielen. Das ist in mir drin, macht mich aus.» So überlässt er nichts dem Zufall – neben Mentaltraining macht er auch Hypnose.
Simon Ehammer schaffte es in einem kleinen Verein an die Weltspitze
Was Ehammers Charakter ebenfalls gut beschreibt: Er ist seinem Trainerteam trotz vieler Anfragen und Angeboten treu geblieben. Er ist stolz darauf, es in einem kleinen Verein an die Weltspitze geschafft zu haben. Die Gefahr abzuheben, besteht bei ihm nicht.
Vielmehr ist er ein offener Typ, der gerne redet und es als Privileg erachtet, Profi zu sein. So gelingt es ihm trotz des grossen Ehrgeizes, eine gute Balance zwischen Spannung und Lockerheit hinzubekommen.
Paris waren für Ehammer die ersten Olympischen Spiele. Tokio vor drei Jahren hatte er wegen einer hartnäckigen Entzündung in der Leistengegend verpasst. Er hätte in der französischen Hauptstadt nur allzu gerne den Zehnkampf, seine grosse Leidenschaft, und den Weitsprung absolviert.
Er entschied sich jedoch dagegen, weil die Qualifikation im Weitsprung einen Tag nach dem Ende des Zehnkampfs stattfand. Und im Weitsprung sah er nach WM-Bronze 2022, dem Triumph Diamond-League-Finale 2023 sowie EM-Bronze 2024 die grösseren Chancen.
Dass ihm der Traum einer Olympia-Medaille (vorerst) verwehrt blieb, wird ihn nun nur noch mehr antreiben. Zudem ist er ja erst 24 Jahre alt. Und einen Höhepunkt gibt es für ihn noch in diesem Jahr, heiratet er doch im September.