Ex-Boss tobt: «Ferrari muss der Protagonist sein, nicht nur Statist»
Das Wichtigste in Kürze
- Luca di Montezemolo trug erheblich zu den Erfolgen von Ferrari in der Formel 1 bei.
- Der 75-Jährige übt scharfe Kritik am aktuellen Zustand der Scuderia.
- Es sei ungebührlich für Ferrari, einen dritten Platz zu feiern.
Kaum einer versteht ihn besser, den Mythos Ferrari, als jener Mann, der mithalf, ihn zu schmieden: Von 1973 bis 2014 leitete Luca Cordero di Montezemolo die Geschicke des «Cavallino Rampante» entscheidend mit: Erst als Assistent des «Commendatore» Enzo Ferrari, dann ab 1991 als Präsident in Maranello.
Gewinnt Ferrari in dieser Saison noch einen Grand Prix?
Unter seine Ägide fallen auch die grössten Erfolge, die das Springende Pferd in der Formel 1 gefeiert hat. Der heute 75-Jährige trug erheblich zu den Verpflichtungen von Michael Schumacher, Jean Todt und Ross Brawn bei. Zusammen mit Chef-Konstrukteur Rory Byrne führte das «Dream-Team» die Scuderia zu fünf WM-Titeln en suite.
«Dritten Platz feiern gebührt Ferrari nicht»
Umso schmerzlicher empfindet di Montezemolo den heutigen Zustand des Traditions-Rennstalls aus Maranello. Gegenüber dem «Quotidiano» klagt der Ex-Ferrari-Präsident sein Leid als glühender Tifoso. Und er spart zugleich nicht mit Kritik an der aktuellen Mentalität bei seinem früheren Team.
«Wissen Sie, was ich bedauere? Dass man sich für einen dritten Platz feiert, wie in Spa», schimpft di Montezemolo. Für den Firmengründer wäre ein dritter Rang kein Grund zum Feiern gewesen, ist sich der Ex-Boss sicher. «Das gebührt Ferrari nicht, und der alte Mann hätte es nicht akzeptiert – niemals.»
Lobende Worte gibt es aber für Charles Leclerc, den die Tifosi gerne als «Il Predestinato», den «Auserwählten», bezeichnen. «Ich glaube nicht, dass es stärkere Fahrer als ihn gibt», lobt di Montezemolo. «Ich würde den Vertrag mit ihm auf jeden Fall verlängern.» Aktuell verhandelt Leclerc über einen neuen Deal bis 2029, der rund 185 Millionen wert sein soll.
Den Monegassen und seinen Teamkollegen Carlos Sainz hält di Montezemolo nicht für die Ursache der aktuellen Misere. «In der Gegenwart ist es das geringste Problem, wer für die Scuderia fährt», so der Ex-Chef. Er sieht das Problem vielmehr bei den Entscheidungsträgern in Maranello und an der Boxenmauer.
Verlieren erlaubt – nur Mitfahren zu wenig
«Als Präsident hatte ich ein Dream-Team aufgebaut, von Schumi bis Todt, von Brawn bis Byrne», so der 75-Jährige. Todt leitete das Rennteam an der Strecke, Brawn war für die oftmals genialen Strategien zuständig. Und Byrne zeichnete als Konstrukteur für alle Weltmeister-Autos von Schumacher bei der Scuderia verantwortlich.
Dabei müsse Ferrari gar nicht immer gewinnen, so di Montezemolo. «Als Fan träume ich von einem Ferrari, das nicht immer gewinnt. Aber man muss bis zum letzten Rennen um den Titel mitkämpfen. Wie in den Jahren 1997, 1998, 1999, 2008, 2010, 2012 – man kann verlieren, aber als Protagonist, nicht als Statist».