«Krueger-Effekt»: Ein Deutsch-Kanadier fasziniert die NHL
Über fünf Jahre war Ralph Krueger aus dem Eishockey-Geschäft raus. Seit Sommer ist der Trainer-Fuchs wieder in der NHL und macht aus einem Verlierer-Team einen ernsthaften Playoff-Anwärter. Seine Schützlinge schwärmen vom früheren deutschen Nationalspieler.
Das Wichtigste in Kürze
- Ralph Krueger gilt in Nordamerika als Alleskönner, sein Ruf ist legendär.
Es sei verwunderlich, schrieb das Onlineportal «The Athletic» vor kurzem, dass der Deutsch-Kanadier nicht von der Weltraumbehörde NASA um Rat gefragt wurde, als es um die nächste Mission ins All ging.
Doch Krueger ist nach einem mehrjährigen Abstecher in den Fussball seit dieser Saison Eishockey-Trainer der Buffalo Sabres in der NHL - und das überraschend eindrucksvoll gut. Der 60-Jährige hat die lange Jahre chronisch erfolglosen Sabres aus dem US-Bundesstaat New York zu neuem Leben erweckt. Mit einer jungen Mannschaft rangiert Krueger nach den ersten 13 Partien auf einem Top-Platz in der Liga. Die letzte Playoff-Qualifikation des noch titellosen Teams liegt bereits acht Jahre zurück. «Wir können mit dem ersten Monat zufrieden sein», erklärte der neue Sabres-Coach. «Es macht viel Spass, aber auch viel Spass, hart zu arbeiten. Die Mannschaft ist sehr hungrig.»
Krueger hat in kürzester Zeit aus Buffalo wieder einen ernstzunehmenden Gegner in der besten Liga der Welt gemacht. «Ralph kam im Sommer mit einer klaren Ansage. Er hat den Spielern gesagt, was er von ihnen erwartet», sagte Generalmanager Jason Botterill. Das bestätigen die Spieler. «Unsere Meinung ist ihm wirklich wichtig. Das spüren wir und er gibt uns ein gutes Gefühl», sagte Topstar Jack Eichel. «Er hat es sehr schnell geschafft, alle auf seine Seite zu bekommen», ergänzte Stürmer Kyle Okposo. «Wenn er etwas nicht mag, sagte er es. Wenn wir etwas nicht mögen, sagen wir es.»
Den «Krueger-Effekt» nennt es ESPN. Auch der ehemalige Schweizer Torhüter David Aebischer kennt dieses Phänomen. «Ich hatte Krueger fast zehn Jahre lang als Trainer der Schweizer Nationalmannschaft kennengelernt. Er ist ein sehr, sehr guter Kommunikator und das zeichnet ihn aus. Und er ist unheimlich facettenreich», schwärmte der ehemalige Schweizer NHL-Keeper von seinem Ex-Coach.
Auch der Deutsche Eishockey-Bund wollte Krueger. 45 Länderspiele absolvierte er als Spieler für die DEB-Auswahl, 2011 sollte er nach zwölf Jahren als Schweizer Nationalcoach zum Bundestrainer ernannt werden. Doch er sagte ab, weil er lieber täglich mit einer Mannschaft arbeiten möchte. Als er nach einer erfolglosen Saison bei den Edmonton Oilers (2012/13) entlassen wurde, wechselte Krueger, facettenreich wie er ist, einfach die Sportart.
Über fünf Jahre war er danach beim englischen Fussballteam FC Southampton aktiv. Erst als Berater, dann lange Zeit als Vorstandsvorsitzender jenes Clubs, der im Jahr eins ohne Chef Krueger am vergangenen Freitag 0:9 gegen Leicester verlor. Auch neben dem Sport ist Krueger engagiert. Seit 2011 ist er Mitglied des Weltwirtschaftsforums in Davos, hielt dort Reden und war lange auch Mitorganisator. Doch immer wieder zog es ihm zum Eishockey.
2016 führte er beim Eishockey-World-Cup in Toronto das aus Leon Draisaitl und weiteren Topspielern zusammengewürfelte Team Europa überraschend auf Platz zwei. «Eigentlich hatte ich keine Ambitionen, wieder ins Trainerbusiness zurückzukehren», sagte Krueger damals. Tochter Geena und Sohn Justin, früherer deutscher Nationalspieler, stimmten ihn um, weil sie während des Turniers in Kanada «ihren Vater lange nicht mehr so glücklich gesehen haben».
«Alles hat einen Anfang, und alles hat ein Ende», sagte Krueger nach seinem Fussball-Abstecher. «Es ist die Reise dazwischen, die man zu schätzen lernt.» Im Sommer startete er in Buffalo das nächste Abenteuer. 3,9 Millionen Dollar erhält er pro Jahr bis 2022. Krueger ist damit als Trainer einer der Top-Verdiener. «Der interessanteste Mann im Eishockey», bezeichnete ihn die kanadische Zeitung «Montreal Gazette» vor dem Saisonstart. Bislang hat er die hohen Anforderungen bestens gemeistert.