Tierschutz: Qualzucht bei Katzen für fragwürdige Schönheitsideale
Wem der Tierschutz am Herzen liegt, sollte bei der Wahl der Katze auf gewisse Züchtungen verzichten. Denn sie bedeuten grosses Leid für die Tiere.
Das Wichtigste in Kürze
- Katzen müssen immer öfter unter dubiosen Schönheitsidealen leiden.
- Merkmale wie geknickte Ohren oder extrem kurze Nasen führen zu körperlichen Beschwerden.
- Wer trotzdem eine Rassekatze will, sollte sie nur von einem seriösen Züchter kaufen.
Viele Menschen wissen nicht, dass ihre Katze aufgrund ihrer Zucht ihr Leben lang leiden muss. Sie folgen gewissen Modetrends und suchen sich ein Tier aus, das auf spezielle Merkmale gezielt gezüchtet wurde.
«Genau diese selektive Zucht führt aber zu Krankheiten. Die häufigsten Probleme unserer Stubentiger sind Arthrose, Zahn- und Augenprobleme sowie Atemschwierigkeiten.» Dies sagt Janine Cirini, Campaignerin Haustiere bei Vier Pfoten Schweiz, einer Organisation die sich für den Tierschutz weltweit einsetzt.
Vermeintliche Schönheitsideale bei Katzen
Ein fragwürdiges «Schönheitsmerkmal» bei Katzen stellen die Falt- oder Knickohren dar. «Scottish»- oder «Highland-Fold»-Katzen, also Faltohrkatzen sind derzeit extrem gefragt. Ein häufiges Phänomen bei Katzen mit nach vorne geknickten Ohren, ist die sogenannte Skelettdysplasie.
Darunter versteht man Knochen- und Knorpelveränderungen, die dazu führen, dass das Skelett sich nicht normal entwickelt.
«Sehr oft leiden die Katzen dann unter schwerer Arthrose bis hin zur Lahmheit. Sie können sich zum Teil nur schwer oder fast gar nicht mehr bewegen. Sie vermeiden es zu springen und ihr natürliches Verhalten auszuleben. Viele Tiere reagieren mit Aggressivität, wenn sie angefasst werden, da der ganze Körper schmerzt», erklärt Cirini.
Ein weiteres vermeintliches «Schönheitsideal», genauso wie bei Hunderassen, sind besonders kurze Nasen, wie sie u.a. bei Perserkatzen, Munchkin-Katzen oder bei Britisch Lang- oder Kurzhaarkatzen zu sehen sind.
Auch hier handelt es sich um ein Qualzuchtmerkmal – die Kurzköpfigkeit bzw. Brachyzephalie. Dabei kommt es besonders häufig zu extremen Problemen mit den Atemwegen. Aber Zahnfehlstellungen und hervorstehende Augen werden oft beobachtet.
«Je nach Schwere haben die Katzen ausgeprägte Atemgeräusche, ermüden bei körperlicher Anstrengung schneller und werden im Extremfall ohnmächtig. Manchmal kommt es zu Husten, Erstickungsanfällen und Erbrechen. Mit der Zeit können sich sogar Entzündungen an anderen Stellen der Atemwege und letztendlich auch Herzprobleme ergeben», warnt Cirini.
Hoppeln statt Laufen: Munchkin
Die Munchkin wird wegen ihrer extrem verkürzten Beine auch als Dackelkatze bezeichnet. Heute weiss man, dass die Ursache für den disproportionierten Zwergenwuchs in einer Erbkrankheit begründet liegt. Diese führt zu einer Verkürzung der Gliedmassen.
Bei der Munchkin wird gezielt auf dieses Merkmal gezüchtet: Dabei sind die Nachkommen von reinerbig gepaarten Munchkins nicht lebensfähig und sterben bereits im Mutterleib.
Zahnloses Gesetz für den Tierschutz
Das Schweizer Tierschutz Gesetz und die dazugehörigen Verordnungen enthalten detaillierte Bestimmungen, welche den Tierschutz beim Züchten regelt. Darin wird festgehalten, dass gewisse Zuchtziele verboten sind. Dazu gehört, wenn die Zucht für die Tiere mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden ist. Auch tiefgreifenden Eingriffen ins Erscheinungsbild oder in die Fähigkeiten verbunden sind verboten.
Theoretisch wäre die Gesetzgebung also klar: Qualzucht ist verboten.
Die Praxis scheint sich für die Behörden jedoch komplexer zu gestalten, da eine rechtlich bindende Konkretisierung im Gesetz fehlt. Bislang wurde in der Schweiz noch kein Züchter verurteilt.
Tierschutz: Was können wir tun?
Abgesehen vom zahnlosen Qualzucht-Gesetz ist das grosse Problem das mangelnde Bewusstsein in der Bevölkerung. Nur wenige wissen über diese Missstände in der Zucht Bescheid.
«Kein Katzenhalter möchte Qualzucht unterstützen und sein Tier leiden sehen. Und niemand möchte Unsummen für Tierarztbesuche ausgeben. Daher ist Aufklärung über dieses Thema so wichtig», meint Cirini.
Die Crini empfiehlt all jenen, die sich eine Katze zulegen wollen, primär auf die Gesundheit des Tieres zu achten. Erst danach sollte die Rasse bzw. das Äussere kommen.
«Informieren Sie sich genau über rassespezifische Eigenschaften und über die möglichen gesundheitlichen Probleme, die beim Tier auftreten können. Lassen Sie sich nicht beeinflussen von Modetrends bei den Katzenrassen. Und kaufen Sie vor allem niemals ein Tier aus dem Internet!»
Sie rät, dass sich Katzenliebhaber auch an ein Tierheim wenden können. Im Tierschutz gibt es viele Katzen, die ein neues Zuhause suchen.
Wer trotzdem unbedingt eine Rassekatze haben will, soll sich an einen seriösen Züchter wenden. Diese können ausführlich aufklären und erlauben, dass das Tier vorab, inkl. Muttertier, besucht werden könne, erklärt Janine Cirini.