Tierschutz: So sehr schadet die Modeindustrie Tieren und der Umwelt
Tierische Materialien wie Wolle oder Daunen werden als «natürlich» wahrgenommen, obwohl sie schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt und den Tierschutz haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Modeindustrie hat gravierende Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt.
- Unternehmen sollten in Zukunft tierfreie und nachhaltige Materialien verwenden.
- Es gibt zahlreiche innovative Alternativen für Wolle, Leder, Daunen und Pelz.
Obwohl Mode für Schönheit und Unbeschwertheit steht, ist die Industrie seit einigen Jahren mit massiver Kritik konfrontiert. Schlechte Arbeitsbedingungen in Niedriglohnländern und hohe Treibhausgasemissionen während der Produktion wurden immer mehr aufgedeckt.
Auch schwerwiegende Verstösse gegen den Tierschutz, wie Mulesing (Entfernen von Hautlappen am Po von Schafen ohne jegliche Betäubung), Lebendrupf oder Pelztierzucht haben die Schattenseiten der Branche in den Vordergrund gerückt.
Trotz dieser erschreckenden Fakten sind sich viele Modeunternehmen der zahlreichen negativen Auswirkungen von Textilien tierischen Ursprungs nicht bewusst. Andere halten weiterhin an dem Mythos fest, die Materialien wie Wolle, Leder oder Daunen, seien lediglich ein Nebenprodukt der Fleisch- und Milchindustrie.
«Die Vorstellung, dass tierische Materialien lediglich ein Nebenprodukt sind, ist falsch und unterstreicht den Versuch der Modeindustrie, sich vor der Verantwortung für die Tötung von jährlich fünf Milliarden Tieren zu drücken.
Mode und Lebensmittel sind systematisch miteinander verknüpft. Wolle und Co. sind nicht nur Neben-, sondern auch lukrative Hauptprodukte», sagt Julia Fischer, Campaigns Manager für Nutztiere und Ernährung bei Organisation Vier Pfoten Schweiz, die sich für den Tierschutz weltweit einsetzt.
Materialien der nächsten Generation
Vier Pfoten appelliert deshalb an Modeunternehmen, sich öffentlich dazu zu verpflichten, die Verwendung von tierischen Materialien zu reduzieren. Stattdessen sollen sie auf innovative Materialien der nächsten Generation, bzw. auf recycelte, tierfreie Materialien umsteigen und in diese investieren.
Unternehmen, die weiterhin Materialien tierischen Ursprungs verwenden, sollten nur 100 Prozent zertifizierte, recycelte tierische Materialien oder tierische Materialien, die nach den bestmöglichen Tierschutzrichtlinien zertifiziert sind, verwenden.
Die globale Tierschutzorganisation fordert von Textilfirmen, sinnvolle Richtlinien für den Tierschutz (mit) zu entwickeln, diese zu kommunizieren. Es wird auch verlangt, über bestehende Zertifizierungen hinauszugehen und mit ihren Lieferanten zusammenzuarbeiten, um hohe Standards für den Tierschutz zu erreichen.
Darüber hinaus sollten Unternehmen keine Materialien von Wildtieren verwenden, unabhängig davon, ob es sich um Tiere aus freier Wildbahn oder aus Zuchtbetrieben handelt.
Next-Gen Materialien für den Tierschutz
Bereits über 100 Unternehmen setzen auf diese sogenannten «Next-Gen»-Materialien und verbessern und entwickeln diese fortlaufend weiter. Die Materialien bergen keine Risiken für den Tierschutz und belasten in der Regel die Umwelt weniger.
Zu den zahlreichen Modeunternehmen, die «Next-Gen»-Materialien bereits erfolgreich einsetzen, gehören neben Schweizer Firmen wie Nikin auch internationale Schwergewichte wie Stella McCartney, Adidas, Puma, Hugo Boss, H&M und viele mehr.
Auch Konsumenten können sich für den Tierschutz in der Mode einsetzen
Als Konsument ist es oft schwieriger, direkt etwas an den Missständen in der Modeindustrie zu tun. Indem man aber seinen Konsum nachhaltiger gestaltet, kann man über die erhöhte Nachfrage die Produktion der Modeketten beeinflussen.
Diese Tipps helfen dem Tierschutz in der Mode:
Nutzen Sie Secondhand und Gebrauchtes! Probieren Sie die 80:20-Regel aus: 80% Gebrauchtes und 20% Neues und Tierfreundliches.
Achten Sie auf tierfreie, naturbasierte oder recycelte Materialien, wie z.B. Schuhe, die aus Pilzen hergestellt werden.
Kaufen Sie innovative Produkte, die aus Abfällen hergestellt wurden, wie z. B. aus ausrangierten Fischernetzen oder sogar aus altem Kaffeesatz.
Schützen Sie Meere, Seen und Flüsse, indem Sie grundsätzlich weniger waschen, häufiger einfach einzelne Flecken auswaschen und bei Waschgängen Waschbeutel gegen Mikroplastik verwenden.
Erheben Sie Ihre Stimme für die Tiere! Sprechen Sie in Ihrem Freundeskreis über das Thema und lassen Sie Ihre Lieblingsmarken wissen, dass Sie sich mehr tierfreundliche Mode wünschen! Unterzeichnen Sie noch heute unseren «Wear it Kind»-Aufruf
Hintergrund der Modeproduktion
Die Produktion von tierischen Materialien geht Hand in Hand mit der weltweiten Fleischproduktion, die für 16,5 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Bei der Verdauung der Tiere werden grosse Mengen an Methan ausgestossen.
Die Pelztierzucht ist von Natur aus grausam, da Wildtiere in kleine Käfige gepfercht werden. Keine Initiative zur Zertifizierung des Tierschutzes für Pelztiere kann den Tieren in Pelzfarmen ein lebenswertes Leben bieten.
Schafe in den Wolllieferketten werden regelmässig Verstümmelungen wie Mulesing und Kastration ohne angemessene Schmerzlinderung sowie stressigen Scherpraktiken und langen Transporten ausgesetzt.
Gänse und Enten sind in den Daunenlieferketten weiterhin dem Risiko des Lebendrupfs und der Stopfmast ausgesetzt.
Alternative Materialien nutzen
Zu den wichtigsten Alternativen zu tierischen Materialien, die derzeit auf dem Markt sind, gehören:
Pelzalternativen: Biobasierter Pelz, verwendet pflanzliche und mikrobielle Fermentation, Hanf oder mittels Fermentation gewonnene Proteinstapelfasern.
Wollalternativen: Holzzellulose, regenerierte Zellulose, biobasierte regenerative Fasern aus Abfällen aus Kokos und Hanf, Mikrobielle Cellulose aus Calotropis-Arten und regenerierter Bio-Baumwolle.
Daunenalternativen: Kapokfasern, Mittels Fermentation gewonnene Proteinstapelfasern, regenerierte Fasern aus recycelten Stoffen.
Lederalternativen: Ananasleder (Pinatex), Pilzleder (Scoby), synthetisches Leder aus Recyclingmaterialien, Apfelleder, Kaktusleder, Kork.