Deutscher Mittelstand in der Krise: «Nahezu depressive Züge»

Der deutsche Mittelstand steckt weiterhin in einer Krise. Auch lange nach Corona ist die Stimmung weiterhin von Auftragseinbussen und sinkende Umsätzen geprägt.

Die Stimmung im deutschen Mittelstand hat sich laut einer Umfrage von Creditreform zuletzt verschlechtert. - Federico Gambarini/dpa

Die Stimmung im deutschen Mittelstand hat sich einer Studie zufolge weiter verschlechtert und bleibt angespannt. Eine geringe Investitionstätigkeit und die schwache Konsumneigung belasteten die Geschäfte der mittelständischen Unternehmen schwer, wie die Wirtschaftsauskunftei Creditreform mitteilte. Der Mittelstand zeige «nahezu depressive Züge», sagte der Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch.

Die Stimmung sei «so schlecht wie zur Corona-Hochzeit, als keiner wusste, wie schlimm die Pandemie noch wird». Die Untersuchung stützt sich auf eine repräsentative Umfrage von Creditreform unter 1200 kleinen und mittleren Betrieben. Das Ergebnis: Die Geschäfte liefen zuletzt enttäuschend, positive wirtschaftliche Impulse sind nicht erkennbar.

Ein Drittel der Befragten musste Auftragseinbussen hinnehmen, lediglich 18 Prozent verzeichneten steigende Eingänge. Nur knapp ein Viertel der Unternehmen erzielte in den vergangenen Monaten ein Umsatzplus. Es sei 20 Jahre her, dass das Geschäftsklima im Mittelstand zwei Jahre in Folge negativ war, sagte Hantzsch.

Mittelstands-Stimmung: Verfrühte Hoffnungen

«Die gute Stimmung zu Jahresbeginn, die Konjunkturexperten und die Bundesregierung verbreiteten, war leider verfrüht.» Vor allem im verarbeitenden Gewerbe und im Handel habe sich die Situation deutlich verschlechtert, hiess es. Zu einem Einbruch kam es der Untersuchung zufolge besonders im Bausektor.

Der Mittelstand, der der Industrie zuliefere, gerate in der aktuellen Konjunkturschwäche zunehmend unter Druck, die steigenden Insolvenzen seien nur der Anfang, so Hantzsch. Knapp 80 Prozent der Mittelständler sind laut Umfrage unzufrieden mit der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung.

Die drängendsten Themen sind aus Sicht der Unternehmen Bürokratieabbau sowie Fachkräftemangel. Unsichere Wirtschaftsaussichten und fehlende Liquidität hemmen laut Untersuchung die Investitionsbereitschaft. Lediglich 40 Prozent planen Investitionen – mehr als im Vorjahr, aber weniger als im Durchschnitt vergangener Jahre.

Einstellungsbereitschaft auf Tiefpunkt

Die negative wirtschaftliche Entwicklung wirkte sich auch auf den Arbeitsmarkt aus: Gut 21 Prozent bauten Personal ab – vor allem wegen schwacher Auftragslage und Fachkräftemangel. Die Einstellungsbereitschaft ist demnach auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren gesunken.

Aufgrund sinkender Inflation erhöhten weniger Unternehmen ihre Preise: Nur rund 30 Prozent steigerten die Verkaufspreise, im Vorjahr waren es noch 40 Prozent. Gut 10 Prozent senkten sogar ihre Preise.