Pro Asyl: «Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit mehr»
Morgen wird in Frankfurt der Menschenrechtspreis von Pro Asyl verliehen. Von der Politik wird gefordert, sich mehr für Opfer rassistischer Gewalt einzusetzen.
Es sei entscheidend, dass sich Parteien für das Bleiberecht der Opfer rassistischer Gewalt einsetzen, heisst es von der Stiftung Pro Asyl. Ansonsten sei die «Würde des Menschen» in Gefahr – gerade in den aktuellen Zeiten.
Mit der Verleihung ihres Menschenrechtspreis würdigt Pro Asyl morgen in Frankfurt den Einsatz bundesweiter Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Stellvertretend für den Verband VBRG werden Ibrahim Arslan, Heike Kleffner und Sultana Sediqi ausgezeichnet.
Menschenrechtspreis ein Zeichen der Solidarität
Die Ehrung sei ein Zeichen der Solidarität mit Opfern rechter Gewalt und eine Unterstützung der demokratischen Zivilgesellschaft, hiess es bei der Vorstellung der Preisträger. Dies gelte besonders in einer Zeit, in der in Deutschland täglich Menschen aus rassistischen, rechten, antisemitischen und vermehrt auch aus trans- und queerfeindlichen Motiven angegriffen würden.
«Wir leben in einer Zeit, in der die Menschenrechte keine Selbstverständlichkeit mehr sind», sagte Halima Gutale, Vorsitzende des Stiftungsrates. «Wenn demokratische Parteien sich jetzt nicht entschlossen und unmissverständlich öffentlich für das Recht auf Asyl und für ein Bleiberecht der Opfer rassistischer Gewalt einsetzen, dann zerbröselt das Fundament unserer Demokratie: die Würde des Menschen.»
VBRG: Straflosigkeit in vielen Fällen stärkt die Täter
Die Straflosigkeit in vielen Fällen rassistischer, rechter und antisemitischer Gewalt entmutige die Angegriffenen und stärke die Täter, sagte Heike Kleffner, Mitbegründerin und seit 2018 Geschäftsführerin des VBRG.
Sultana Sediqi, die als Kind mit ihrer Familie aus Afghanistan floh und seit zehn Jahren in Thüringen lebt, sagte, rassistisch motivierte Angriffe auf Kinder und Jugendliche hätten sich innerhalb von einem Jahr verdoppelt und beeinflussten den Alltag der betroffenen Familien massiv. «Allzu oft fühlen sich die Familien von den Institutionen des Rechtsstaats im Stich gelassen.»
Überlebende im Zentrum der Erinnerungskultur
Die Überlebenden rassistischer Anschläge seien die Hauptzeugen und keine Statisten, betonte Ibrahim Arslan, der als Kind den rassistischen Brandanschlag von Mölln im Jahr 1992 überlebt hatte. Die Perspektive der Überlebenden müsse im Mittelpunkt der Gedenkkultur stehen. «Wir möchten, dass die Institutionen die Herrschaft über das Gedenken an die Betroffenen übergeben», sagte er.