Richter löst wegen Urteil heftige Debatte aus
Ein belgischer Richter verhängt nach einer Vergewaltigung nur eine Geldstrafe. Das Urteil löst landesweite Empörung und Debatten über das Justizsystem aus.

In Löwen, Belgien, wurde ein 24-jähriger Medizinstudent der Vergewaltigung einer Kommilitonin schuldig gesprochen. Das Gericht stellte fest, dass der junge Mann die Studentin ausnutzte, als sie stark alkoholisiert war.
Die Frau war laut Überwachungsvideos nicht mehr in der Lage, sich auf den Beinen zu halten. Nach belgischem Recht gilt eine sexuelle Handlung in einem solchen Zustand als Vergewaltigung.
Denn eine wirksame Zustimmung sei in diesem Zustand nicht möglich, wie «Der Standard» berichtet.
Mildernde Umstände: Talent und Ansehen
Trotz der Schwere der Tat entschied der Richter, auf eine Freiheitsstrafe zu verzichten. Stattdessen verhängte er eine Geldstrafe von 3800 Euro (3528 Franken) und setzte die Strafe auf Bewährung aus.
Als Begründung führte das Gericht das junge Alter des Täters und sein hohes Ansehen als angehender Gynäkologe an. Er sei ein begabter und engagierter junger Mann, so die Urteilsbegründung.
Ein Eintrag ins Vorstrafenregister bleibt ebenfalls aus. Die Universitätsklinik Leuven suspendierte den Studenten jedoch vorläufig vom Dienst, wie es der «Kurier» berichtet.
Öffentlichkeit reagiert mit Empörung
Das Urteil stösst in Belgien auf heftige Kritik, wie es der «Kölner Stadt Anzeiger» berichtet. In mehreren Städten kam es zu Protesten, vor allem im Studierendenmilieu von Gent und Löwen.
Kritiker werfen dem Gericht Klassenjustiz vor und sehen das Potenzial des Täters über die Rechte des Opfers gestellt.
Auch Anwälte und Aktivistinnen kritisieren, dass das Urteil Fragen zur Rechenschaftspflicht und zum Umgang mit sexualisierter Gewalt im Justizsystem aufwirft.
Berufung und gesellschaftliche Debatte
Die Staatsanwaltschaft hat laut «Standard» gegen das Urteil Berufung eingelegt, weshalb es noch nicht rechtskräftig ist. Der Fall hat eine breite gesellschaftliche Debatte über den Umgang mit Gewalt gegen Frauen und die Rolle von Richtern entfacht.
Viele fordern eine stärkere Berücksichtigung der Opferperspektive und eine konsequentere Ahndung sexualisierter Gewalt.
Experten betonen, dass das Justizsystem gesellschaftliche Verantwortung trägt und Urteile nicht das Vertrauen in den Rechtsstaat untergraben dürfen.