Weltweit zweiter HIV-Patient laut Ärzten «geheilt»
Bedeutender Fortschritt im Kampf gegen Aids: Zum zweiten Mal weltweit gilt ein HIV-Patient als «geheilt».
Das Wichtigste in Kürze
- Studie: «Londoner Patient» zeigt seit 30 Monaten keine Symptome mehr .
Das teilten die behandelnden Ärzte des sogenannten Londoner Patienten am Dienstag mit, nachdem sich der Mann einer Stammzellentransplantation unterzogen hatte. Der erste solche Therapie-Erfolg war vor mehr als zehn Jahren in Berlin verkündet worden.
Der «Londoner Patient» zeige seit 30 Monaten keine Symptome einer HIV-Infektion mehr, betonten die behandelnden Ärzte in einer Studie in der Fachzeitschrift «The Lancet HIV». Die Wissenschaftler um den Studienleiter Ravindra Gupta von der Universität von Cambridge machten nach eigenen Angaben eine Serie von Tests mit dem Blut, dem Gewebe und dem Sperma des Patienten.
«Wir haben einige Orte getestet, wo sich das Virus gerne verbirgt, und praktisch alles war negativ», sagte Gupta der Nachrichtenagentur AFP. Es gebe nur noch einige nicht mehr aktive Virus-«Fossilien» in seinem Körper. Das HI-Virus löst die Immunschwächekrankheit Aids aus.
Die bisher einzige dokumentierte «Heilung» eines HIV-Patienten war der Fall des US-Bürgers Timothy Ray Brown. Er wurde als «Berliner Patient» bekannt und für gesund erklärt, nachdem er ab 2007 an der Berliner Charité behandelt worden war. Seit 2011 lebt er wieder in den USA.
«Unsere Schlussfolgerungen zeigen, dass der Erfolg der Stammzellentransplantation als HIV-Behandlung wiederholt werden kann», sagte Gupta dazu. Sowohl der Londoner als auch der Berliner Patient litten neben ihrer HIV-Infektion an Blutkrebs. Beiden wurden zur Behandlung Stammzellen von Knochenmark-Spendern mit einer seltenen genetischen Veränderung transplantiert. Diese hinderten das HI-Virus den Forschern zufolge an der Ausbreitung.
Der nun für geheilt erklärte «Londoner Patient» hatte zuvor in einem Interview mit der «New York Times» erstmals seine Identität enthüllt: Es handelt sich um den 40 Jahre alten Adam Castillejo, der aus Venezuela stammt und mit seiner Mutter nach London zog. «Ich will ein Botschafter der Hoffnung sein», sagte er der Zeitung. Er war 2003 HIV-positiv getestet worden.
Ob andere Patienten nun auf die riskante und teure Stammzellentherapie setzen können, ist laut Gupta ungewiss. Damit seien auch ethische Probleme verbunden, denn die Sterblichkeitsrate bei solchen Transplantationen liege bei rund zehn Prozent, betonte der Professor. Bei einigen anderen, die bereits ähnlich behandelt worden seien, werde eine Heilung voraussichtlich «noch einige Zeit in Anspruch nehmen», betonte er.
Weltweit werden Millionen HIV-Patienten mit einer antiretroviralen Therapie (ART) behandelt, die sie jedoch nicht von dem Aids-Virus befreit. Die ART erfordert eine lebenslange Einnahme von Medikamenten, die das Virus in Schach halten.
Nach Schätzungen leben derzeit rund 38 Millionen Menschen weltweit mit HIV, doch nur 62 Prozent von ihnen erhalten eine antiretrovirale Therapie. Im Jahr 2018 starben rund 800.000 HIV-Patienten an Erkrankungen, die mit dem Virus in Zusammenhang stehen. Sorge bereitet Experten derzeit ein neuer, gegen Medikamente resistenter HI-Virus.