Klimastreik: Aktivisten sehen politische Unterwanderung
Der Klimastreik werde politisch unterwandert, befürchtet eine mutmassliche Streik-Splittergruppe. Sie fordern eine Diskussion über eine Öffnung des Streiks.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Klimastreik werde zunehmend mit anderen linken politischen Positionen verknüpft.
- Dies schreibt eine Gruppe, offenbar aus der Bewegung, in einem anonymen Mail.
- Sie fordern, dass der Klimastreik offener und effektiver werde.
«Der Klimastreik hat ein Problem»: So lautet der Aufruf einer Gruppe, gemäss eigenen Angaben aus dem inneren Kreis. Der Klimastreik sei an keine Partei oder Organisation gebunden und er positioniere sich nicht im politischen Spektrum. So hiess es noch im September 2019 auf der Webseite des Klimastreiks. Doch nun sehen einige diese Prämisse unterwandert.
Man habe in den letzten Jahren eine «unschöne Entwicklung» durchgemacht. So heisst es in einem Mail, gezeichnet von einer «Gruppe von besorgten Klimastreikenden». Eine «laute und engagierte Minderheit» habe die Bewegung gekapert und bestimme zunehmend den Kurs der Bewegung.
Dabei setze diese Schwerpunkte, «die weder das eigentliche Ziel der Verminderung des Klimawandels ansprechen, noch von der Mehrheit der TeilnehmerInnen der Demonstrationen vertreten wurden oder werden».
Klimastreik drohe ineffizient und verschlossen zu werden
Dazu zähle etwa die Androhung von «Zivilem Ungehorsam», die Überwindung des Kapitalismus, die angeblich notwendige Verknüpfung von gender- und klimaspezifischen Themen und die Dämonisierung jeglicher profitorientierten Tätigkeiten. Eine Ablehnung dieser Schwerpunkte werde als Desinteresse am Klimawandel oder Ignoranz abgetan.
Doch so drohe die Bewegung ineffizient und verschlossen zu werden, so die Befürchtung der Gruppe. Besorgte würden nicht mehr teilnehmen, weil sie den Schwerpunktekatalog nicht unterschreiben wollen.
Unterstützer kämen nicht mehr an Demos, weil sie nicht mit Anarchismus und Kommunismus assoziiert werden wollen. Und die Argumente rechter Parteien erschienen immer plausibler, da der Klimastreik immer mehr als eine «linksextreme Bewegung» in Erscheinung trete.
Gruppe bleibt anonym
Auf Nachfrage heisst es, dass es sich bei den besorgten Klimastreikenden um eine Gruppe von zehn Leuten handle. Aus Gesprächen und Erfahrungen wisse man aber, «dass wir die Interessen einer weitaus grösseren Gruppe vertreten».
Trotzdem wolle man anonym bleiben. Man befürchte die «Glaubwürdigkeit innerhalb der Bewegung zu verlieren» und sich unter sozialem Druck «nicht mehr frei äussern zu können».
Mit der Kritik selbst werde erhofft, dass eine Diskussion darüber entstehe, wie der Klimastreik offener und damit effektiver werden könne. Es müsse möglich sein, dass man gleichzeitig klimafreundlich und konservativ oder liberal ist.
Klimastreik selbst äussert sich kritisch über Gruppe
Jonas Kampus von Klimastreik Schweiz sieht den Brandbrief kritisch. Stellen im Text würden darauf hindeuten, dass dieses Schreiben von einer oder mehreren externen Personen verfasst wurde. Man führe im Klimastreik eine offene Gesprächskultur.
«Es ist zuvor noch nie vorgekommen, dass sich jemand anonym an die Medien wandte», so der Jungsozialist. «Hätten die Personen wirklich gewollt, dass möglichst viele von ihrer Kritik erfahren, hätten sie diesen in den Chats verbreitet und nicht an die Medienadressen des Klimastreiks versandt.»