Massentierhaltungsinitiative: Das sagt der Schweizer Bauernverband
Der Direktor des Schweizer Bauernverbands, Martin Rufer, kontert den Gastbeitrag von Grünen-Präsident Balthasar Glättli zur Massentierhaltungsinitiative.
Das Wichtigste in Kürze
- Massentierhaltung funktioniere über Verdrängung, schrieb Grünen-Präsident Glättli auf Nau.
- Daraufhin meldete sich der Schweizer Bauernverband bei Nau.ch.
- Jetzt schreibt Bauernverband-Direktor Martin Rufer über die Massentierhaltung.
- In seinem Gastbeitrag zählt Rufer Argumente gegen die Durchsetzung der Initiative auf.
Am 25. September kommt mit der Massentierhaltungsinitiative ein weiteres extremes Volksbegehren zur Abstimmung: Alle tierischen Lebensmittel sollen aus einer Haltung stammen, die mindestens dem Bio-Standard entspricht. Wer das will, kann heute schon entsprechend einkaufen.
Ja natürlich sollen Nutztiere ein gutes Leben haben und nicht leiden müssen. Da sind wir uns alle einig. Und genau das stellt das strenge Schweizer Tierschutzgesetz sicher. Seit seiner Einführung im Jahr 1981 hat es sich stetig weiterentwickelt. Am Anfang regelte es nur quantitative Parameter, also z. B. die Länge und Breite der Liegefläche im Stall für eine Kuh.
Heute gibt es Vorgaben für alle Aspekte des Tierwohls. Damit geht die Schweiz so weit wie kein anderes Land der Welt. Von Seiten der EU beispielsweise gibt es für die Haltung von Kühen keinerlei Vorgaben. Als Einzige überhaupt begrenzen wir zudem bereits heute die maximale Anzahl Tiere pro Betrieb bei Hühnern, Schweinen und Kälbern.
Erfolgreiche Anreizprogramme
Die beiden agrarpolitischen Instrumente im Bereich Tierwohl «Besonders tierfreundliche Stallhaltung» und «Regelmässiger Auslauf im Freien» erfreuen sich grosser Beliebtheit. Dank ihnen gibt es zahlreiche Labelprodukte wie den IP-Suisse-Käfer, die mit Mehrwert beim Tierwohl punkten.
Dazu kommen weitergehende Labels wie Bio Suisse, Demeter oder KAG Freiland, bei denen bei jeder Tierart z. B. auch Auslauf auf einer Weide garantiert ist.
Genau das ist eine Hauptforderung der Initianten. Bei zahlreichen Lebensmitteln stellen die Schweizer Bauernbetriebe mehr Label-Produkte zur Verfügung, als die Bevölkerung davon kauft. Die Folge ist, dass die Bauernfamilien auf einem Teil ihrer Mehrkosten sitzenbleiben und interessierte Betriebe nicht auf Bio umstellen können.
Wahlfreiheit bewahren
Worin soll also der Nutzen bestehen, ein bestehendes und mehr als ausreichendes Angebot zur Pflicht zu machen? Haben wir unmündige Konsumentinnen und Konsumenten, denen wir vorschreiben müssen, wie sie einzukaufen haben? Ich glaube nicht, dass das funktioniert.
Vor allem nicht, wenn man bedenkt, dass die Preise für tierische Lebensmittel damit um 20 bis 40 Prozent teurer würden.
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Dass damit der Einkaufstourismus weiter angekurbelt würde, ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Ein weiterer Pferdefuss dieser Initiative ist die Importklausel. So müssten auch importierte tierische Lebensmittel aus Tierhaltungen stammen, die mindestens dem Bio-Suisse-Standard entsprechen.
Der Bundesrat kam in seinem Bericht zum Schluss, dass diese Umsetzung mit unseren internationalen Handelsverpflichtungen nicht vereinbar ist. Von den aufwendigen und kaum sicherzustellenden Kontrollen ganz zu schweigen. In ihrem Gegenvorschlag verzichtete die Regierung deshalb darauf, die Importe miteinzubeziehen.
Es ist also anzunehmen, dass die extremen Vorgaben an die Tierhaltung am Schluss nur bei der eigenen Produktion im Inland umgesetzt würden. Damit könnten unsere einheimischen Betriebe den Schirm erst recht zumachen. Denn preislich hätten sie mit den billigen Importprodukten aus beliebiger Tierhaltung keine Chance. Das Konsum- und Einkaufsverhalten wie auch die Preissensibilität der Bevölkerung ändern sich bei einer Annahme der Massentierhaltungsinitiative nicht automatisch mit.
Schlussfolgerung
Die Massentierhaltungsinitiative würde die inländische Lebensmittelproduktion schwächen, die Wahlfreiheit verunmöglichen und die Preise für tierische Lebensmittel in die Höhe treiben.
Auf der anderen Seite nähmen die Importe und der Einkauftourismus zu. Aus diesen Gründen kann man diese unnötige Initiative mit grossem Schadenspotenzial ohne schlechtes Gewissen ablehnen. Die einheimischen Bauernfamilien danken für das Vertrauen! Sie geben sich weiter alle Mühe, dieses redlich zu verdienen.
Zur Person: Martin Rufer (45) ist Direktor des Schweizer Bauernverbands. Er wohnt mit seiner Frau und drei Kindern in Lüsslingen im Kanton Solothurn und ist dort auch Kantonsrat.