Tesla unter Beschuss: Reichweite-Lüge sollte vertuscht werden
Tesla soll nicht nur überhöhte Reichweiten vorgegaukelt haben, sondern auch Kunden-Beschwerden abgewiesen haben. Reuters deckte den Skandal auf.
Das Wichtigste in Kürze
- Tesla «Diversion Team» sollte Reichweiten-Beschwerden abblocken
- Mitarbeiter sollen dazu gedrängt worden sein, Kunden vom Werkstattbesuch abzuhalten
- Tesla soll die Reichweite seiner Fahrzeuge systematisch zu hoch angegeben haben
Die Geschichte von Reuters über das geheime «Diversion Team» ist schon einige Tage alt. Dennoch nimmt die Reichweiten-Lüge mit anschliessendem Abblocken der Kunden-Beschwerden nun an Fahrt auf. Der Grat zwischen Sensations-Story und fundierter Recherche ist dabei mehr als schmal.
Was wird Tesla konkret vorgeworfen?
Seit vielen Jahren werfen diverse Kunden dem Elektroautohersteller Tesla vor bei der Reichweite falsche Angaben zu machen. Die von den unabhängigen Prüforganisationen gemachten Angaben seien in der Praxis nie erreichbar. Doch mehr noch: Es geht auch darum, dass im Ladestandsbereich von 100 bis 50 Prozent völlig unrealistische Restreichweiten angezeigt würden.
Wo ist der Unterschied zum klassischen Verbrenner?
Dass Laborverbräuche nichts mit der Realität zu tun haben kennen Fahrer von Benzin- und Dieselfahrzeugen seit vielen Jahren. Auch das Phänomen, dass die Tankanzeige in der ersten Hälfte der Skala deutlich langsamer nach unten wandert. Hat die Firma von Elon Musk also nur das Verhalten der klassischen Verbrenner imitiert? Es scheint so, doch die Vorwürfe gehen noch tiefer und betreffen vor allem das Beschwerde-Management.
Reuters deckt geheimes «Diversion Team» auf
Tesla könnte laut eines Reuters-Berichts ein verdecktes Team eingerichtet haben, um Kundenbeschwerden über die Reichweite ihrer Fahrzeuge zu minimieren. Der Bericht bezieht sich auf vertrauliche Quellen, die dieses heimliche Team bestätigen.
Die Teammitglieder hätten den Auftrag gehabt, unzufriedene Kunden von Werkstattbesuchen abzuhalten. Der Bericht enthüllt auch, dass ein sogenanntes «Diversion Team» heimlich in Las Vegas gegründet wurde. Das Ziel war die Vermeidung möglichst viele Termine aufgrund von Reichweitenbeschwerden.
Hohe Einsparungen durch weniger Werkstatt-Besuche
Tesla verfügt über eine der besten Software-Architekturen der Autobranche. Kein anderer Hersteller kann in gleicher Tiefer Ferndiagnosen durchführen. Dies machte sich das «Diversion Team» zu Nutze und vertröstete Kunden, dass man keine Probleme habe feststellen können.
Der wahre Hintergrund der abgesagten Termine: Tesla kostet ein solcher Werkstatt-Termin intern knapp 1‘000 Dollar. Zudem sind die Service-Center auch ohne die Reichweiten-Beschwerden bereits zu stark ausgelastet.
Verspieltes Vertrauen
Das Team in Las Vegas hatte mit ihrer Diagnose nicht einmal Unrecht, die Fahrzeuge der Kunden sind nicht defekt. Die Kunden sind nur den falschen Versprechungen aufgesessen. Und es galt unzählige unnötige Werkstattbesuche zu vermeiden. Ob der nun aufgedeckte Skandal das Vertrauen in die Marke allerdings stärkt?