Haltung bewahren: Mit diesen Tipps sitzt es sich besser
Das Wichtigste in Kürze
- Mindestens jede zweite Krankschreibung geht auf das Konto der Wirbelsäule.
- Fehlen Ausgleich zum Sitzen und Bewegung, kann es zu Rückenschmerzen kommen.
- Bereits ein paar einfache Fitnessübungen zwischendurch können einiges bewirken.
Von der Schulbank bis zur Rente: Viele Menschen verbringen ihr halbes Leben sitzend am Schreibtisch – und das zumeist in der falschen Haltung.
«Verspannte Nacken und Schultern, aber auch Arthrose, Hexenschuss und Bandscheibenvorfälle sind vielfach Folgen des Dauersitzens, der Zwangshaltung und permanenten Bewegungslosigkeit», warnt Dr. Martin Rinio, ärztlicher Direktor der Gelenk-Klinik Gundelfingen, im Interview.
Dass die permanente Bequemlichkeit Rücken und Gelenken auf Dauer schwer zu schaffen macht, zeigen laut Rinio die Statistiken: Mindestens jede zweite Krankschreibung geht auf das Konto der Wirbelsäule.
Denn: Was den Fettpolstern zugutekommt, lässt die Rücken- und Bauchmuskeln regelrecht verkümmern. «Andauernde Rückenschmerzen sind neben Herzerkrankungen der häufigste Grund für Erwerbsunfähigkeit und Frühverrentung», so der Facharzt für Orthopädie, Chirurgie und Unfallchirurgie.
Dabei führt langes Sitzen keineswegs unweigerlich zu Rückenschmerzen. «Wenn dem so wäre, hätten alle Menschen, die im Büro arbeiten, ernsthafte Rückenprobleme», gibt Dr. Rinio zu Bedenken.
«Richtig ist vielmehr, dass stundenlanges Sitzen vor allem dann zu Rückenschmerzen führen kann, wenn Ausgleich und Bewegung fehlen», betont der Facharzt.
Dabei muss es längst nicht immer das Power-Training sein: «Bereits ein paar einfache Fitnessübungen zwischendurch können einiges bewirken.»
Regelmässig auf einfache Fitness-Übungen setzen
Wichtig ist regelmässige Bewegung – insbesondere an langen Bürotagen. Gut eignen sich dafür unkomplizierte Fitness-Übungen wie diese:
«Stellen Sie sich breitbeinig mit parallelen Füssen hin und lassen Sie Ihre Arme lang gestreckt nach unten baumeln», so der Facharzt. «Schwingen Sie diese nun an den Schultern von vorne nach hinten. Gehen Sie bei jedem Schwung leicht und entspannt in die Knie – wenn möglich, mindestens zwanzigmal.» Das schmiert die Gelenke und aktiviert den Stoffwechsel.
Einfach, aber effizient ist auch die «Apfelpflück-Übung». Dafür müssen Sie nicht einmal den Schreibtisch verlassen:
Strecken Sie einfach abwechselnd den linken und den rechten Arm möglichst weit nach oben. «20 oder 30 Sekunden genügen, um die Wirbelsäule wohltuend zu strecken und Nacken- und Rückenmuskeln zu entspannen», betont der Orthopäde.
Als kleine Fitnesspause zwischendurch empfehlen sich auch hin und wieder kleine «Spaziergänge» durchs Büro. Diese Rundgänge sind ebenso wohltuend für Rücken und Kreislauf wie etwa nach jeder Stunde des Sitzens 15 Minuten stehend zu verbringen.
Die Sitzposition wechseln
Eine orthopädische «Todsünde» seien stundenlanges Verharren in derselben Sitzposition, so Rinio. «Dadurch wird die Wirbelsäule auf Dauer mehr belastet, als wenn wir uns bequem räkeln.» Rücken und Gelenke benötigen Abwechslung:
«Ob im Bürostuhl oder auf dem Sofa: Gut ist es, möglichst oft zwischen aufrechter, vorgeneigter und zurückgelehnter Haltung zu wechseln», rät der Orthopäde.
Dabei das Gewicht des Öfteren von der einen auf die andere Gesässhälfte verlagern. Telefonieren oder Besprechungen im Stehen fördern ebenfalls die Rückengesundheit und schützen zudem vor Knorpelschäden im Knie.
Buckel vermeiden
Vermeiden sollte man am Schreibtisch auf jeden Fall einen Rundbuckel mit vorgebeugtem Kopf. Denn «durch die unnatürliche Krümmung der Wirbelsäule werden Bandscheiben und Gelenke strapaziert», erklärt Rinio weiter.
Alles andere als kreuzschonend ist zudem das Sitzen mit gekreuzten Beinen. «Diese Position behindert die Blutzirkulation der Beine und führt dazu, dass Bänder und Nerven gequetscht werden.»
Der richtige Bürostuhl
Basis für eine rückenfreundliche Sitzhaltung am Arbeitsplatz ist ein ergonomisch gestalteter Bürostuhl. Dieser sollte über höhenverstellbare, vorne abgerundete Sitzflächen und Rückenlehnen mit variablem Anpressdruck verfügen.
Der Experten-Tipp: «Nehmen Sie sich Zeit für die Handhabung und machen Sie sich mit dessen Aufbau und Funktionsweise bis ins Detail vertraut. So lässt sich die bequemste und individuell beste Sitzposition finden.»
Sitzbälle und Fussbänke schonen die Wirbelsäule
Weniger komfortabel, dafür aber durchaus rückenfreundlich sind Sitzbälle. Orthopäden empfehlen mehrmals täglich mindestens zehn Minuten darauf sitzend zu verbringen.
«Die Ausgleichbewegungen aktivieren die intrinsische Rückenmuskulatur», betont Rinio. Ist kein Ball vorhanden, so tut es auch ein Balancekissen, das man auf den Stuhl legt.
«Dabei wird die Muskulatur permanent durch kleine Ausgleichbewegungen gefordert», so der Experte. «Dies entwickelt die Selbstheilungskräfte der Wirbelsäule.» Hilfreich sein kann auch eine Fussbank: Am besten abwechselnd die Füsse daraufsetzen – das entlastet die Wirbelsäule.