Vorsorge: Ehe oder Konkubinat – was sind die finanziellen Folgen?
Sollen wir heiraten oder weiter im Konkubinat zusammenleben? Diese Frage zu stellen, lohnt sich, denn eine Heirat hat grosse Auswirkungen auf die Finanzen.
Das Wichtigste in Kürze
- Jährlich gehen rund 41'000 Paare den Bund der Ehe ein.
- Eine Heirat wirkt sich finanziell und rechtlich aus.
- Wer nicht heiraten will, kann weiter im Konkubinat zusammenleben.
- In diesem Artikel stellen wir Ihnen die Vor- und Nachteile beider Formen vor.
Es soll ein rauschendes Fest werden. Im Sommer, am See, mit Familie und allen ihren Freunden. Sie wollen grillieren, es soll ein reichhaltiges Buffet geben und später am Abend vielleicht Karaoke. So stellen sich Nina und Tom die Feier ihrer Lebenspartnerschaft vor.
Eine Frage ist allerdings noch offen: Ob sie auf dem Zivilstandsamt offiziell heiraten oder im Konkubinat zusammenleben wollen wie bis anhin, haben Nina und Tom noch nicht entschieden. Sie möchten sich erst klarwerden über die rechtlichen und finanziellen Folgen, die eine Ehe mit sich bringt.
Was für und was gegen Ehe oder Konkubinat spricht
Die Frage, ob sie heiraten wollen, beantworten in der Schweiz jährlich rund 41’000 Paare mit Ja. Ob man heiratet oder nicht, ist in erster Linie eine emotionale Entscheidung. Es gibt jedoch einige Konsequenzen in finanzieller und rechtlicher Hinsicht, die es zu bedenken lohnt:
1. Säule: die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV)
In der Ehe: Sind Nina und Tom verheiratet, profitieren sie bei der AHV im Leistungsfall von den Beiträgen des anderen. Allerdings ist die Rente von verheirateten Paaren auf das Eineinhalbfache (150 Prozent) einer maximalen Einzelrente von 2’450 Schweizer Franken (Stand 01.01.2023) beschränkt. Das heisst, dass Ehepartner ohne Beitragslücken aus der 1. Säule zusammen höchstens 3’675 Schweizer Franken monatlich (Stand 01.01.2023) erhalten.
Falls Tom stirbt, hätte Nina als Ehefrau Anspruch auf eine lebenslange Witwenrente. Dies gilt, wenn Nina über 45 Jahre alt ist und mindestens fünf Jahre mit Tom verheiratet war oder wenn die beiden gemeinsame Kinder haben. Tom erhielte eine Witwerrente, solange die Kinder unter 18 Jahre alt sind. Ihre Kinder bekämen im Todesfall eine Waisenrente.
Im Konkubinat: In Bezug auf die Altersrente haben Konkubinatspaare, die beide erwerbstätig sind, einen Vorteil gegenüber Ehepaaren. Falls keine Beitragslücken bestehen, erhalten Nina und Tom Einzelrenten (je 100 Prozent) in Höhe von monatlich maximal 2’450 Schweizer Franken, total 4’900 Schweizer Franken, ein Viertel mehr als verheiratete Paare. Hingegen haben sie keinen Anspruch auf eine Hinterlassenenrente, falls einer bzw. eine von beiden stirbt. Die eigenen und die ausserehelichen Kinder erhalten allerdings eine Waisenrente.
2. Säule: Berufliche Vorsorge (Pensionskasse)
Bei der Pensionierung können Nina und Tom zwischen einer lebenslangen Rente oder einem einmaligen Kapitalbezug wählen. Hier spielt der Zivilstand nur bei der Besteuerung eine Rolle – sind Tom und Nina verheiratet, werden ihre Einkommen addiert und gemeinsam besteuert. Leben sie im Konkubinat, gibt es getrennte Steuerrechnungen, was wegen der Progression in den meisten Fällen günstiger ist. Anders verhält es sich im Todesfall.
In der Ehe: Im Todesfall ihres Ehepartners oder ihrer Ehepartnerin erhalten Tom oder Nina eine Hinterlassenenrente aus der beruflichen Vorsorge. Die Voraussetzung dafür ist, dass die Ehe mindestens fünf Jahre bestand und Nina oder Tom über 45 Jahre alt sind oder dass sie für unterhaltspflichtige Kinder sorgen müssen.
Im Konkubinat: Das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge sieht keine Leistungen vor, wenn der Konkubinatspartner oder die Konkubinatspartnerin stirbt. Einige Pensionskassen, wie beispielsweise die Sammelstiftung Vita, bieten jedoch sogenannte Partnerrenten an. Menschen, die in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben oder gemeinsame Kinder haben, sollten unbedingt ihren Partner oder ihre Partnerin schriftlich bei der Pensionskasse melden. Denn nur dann kann im Todesfall diese Partnerrente beantragt werden.
Freizügigkeitsgelder
Bei den Freizügigkeitsgelder verhält es sich ähnlich wie bei der Auszahlung der Säule 3a. Diese können Nina und Tom frühestens fünf Jahre vor dem Rentenalter und spätestens fünf Jahre danach beziehen. In der Regel wird der Freizügigkeitsbetrag einmalig ausbezahlt.
Wie bei der beruflichen Vorsorge hat der Zivilstand auch bei den Freizügigkeitsgeldern lediglich Auswirkungen bei der Besteuerung.
In der Ehe: Wenn der Ehepartner oder die Ehepartnerin ein Freizügigkeitskonto hinterlässt, zahlt die Bank oder Versicherung im Todesfall dem hinterlassenen Ehegatten bzw. der hinterlassenen Ehegattin die Kapitalleistung aus. Begünstigt sind auch Waisen oder geschiedene Ehepartner, sofern sie einen Anspruch besitzen.
Im Konkubinat: Tom und Nina hätten die Möglichkeit, sich gegenseitig zu begünstigen, sodass die Kapitalleistungen des Freizügigkeitskontos im Todesfall an sie fallen. Diesen Wunsch müssen sie ihrer Freizügigkeitseinrichtung schriftlich mitteilen, damit er sich im Fall der Fälle erfüllt.
3. Säule: gebundene (3a) und freie Vorsorge (3b)
Die 3. Säule unterscheidet sich zwischen der gebundenen Säule (3a) und der freien Säule (3b).
Das Kapital aus der Säule 3a können Nina und Tom frühestens fünf Jahre vor dem Rentenalter und spätestens fünf Jahre danach beziehen. Bei regulärer Auszahlung werden die Vorsorgeleistungen aus der Säule 3a zu einem reduzierten Satz besteuert, getrennt vom übrigen Einkommen des Ehepaares bzw. der jeweiligen Person.
Das Kapital aus der Säule 3b erhalten Nina und Tom nach Ablauf der Lebensversicherung. Die Auszahlung in der Säule 3b ist unter bestimmen Voraussetzungen steuerfrei.
In der Ehe: Das Vorsorgevermögen der Säule 3a geht im Todesfall zuerst an den hinterbliebenen Ehegatten bzw. die hinterbliebene Ehegattin. Tom oder Nina erhielten somit das ganze angesparte Kapital aus der gebundenen Vorsorge.
Im Konkubinat: Als Unverheiratete hätten Nina und Tom keinen Anspruch auf das in der gebundenen Vorsorge angesparte Kapital. Jedoch gibt es bestimmte Voraussetzungen, unter denen die überlebende Konkubinatspartnerin oder der überlebende Konkubinatspartner Ansprüche geltend machen kann. Beispielsweise dann, wenn er oder sie in den fünf Jahren vor dem Tod des oder der Verstorbenen mit diesem oder dieser zusammenlebte oder für den Unterhalt eines oder mehrerer Kinder aufkommen muss.
In der Begünstigungsreihenfolge steht der Konkubinatspartner bzw. die Konkubinatspartnerin in diesem Fall auf gleicher Stufe wie die Nachkommen. Diese Mitteilung ist jedoch ebenfalls schriftlich der Versicherung zu melden. Konkubinatspaaren ist in der Regel zu empfehlen, ihren hinterlassenen Partner oder die Partnerin in einer Lebensversicherung der freien Vorsorge zu berücksichtigen. Bei der Lebensversicherung in der Säule 3b kann die Reihenfolge der Begünstigung frei gewählt werden.
Steuern
In der Ehe: Sind Tom und Nina verheiratet, füllen sie eine gemeinsame Steuererklärung aus. Ihre Einkommen werden zusammengezählt. Je mehr sie verdienen, desto höher ist der Steuersatz. Weil beide verdienen, fallen insbesondere die Bundessteuern höher aus, als wenn sie im Konkubinat leben würden. Nach Schätzung der eidgenössischen Steuerverwaltung sind heute rund 700’000 Ehepaare von dieser sogenannten «Heiratsstrafe» in der direkten Bundessteuer betroffen. Schon seit Längerem gibt es Bestrebungen, dies zu ändern.
Im Konkubinat: Konkubinatspaare füllen ihre Steuererklärung separat aus. Ihr Einkommen und ihr Vermögen werden einzeln besteuert. Weil die Steuerprogression weniger ins Gewicht fällt, haben Unverheiratete insbesondere bei der direkten Bundessteuer einen Vorteil gegenüber Ehepaaren.
Erbrecht
In der Ehe: Das Schweizer Gesetz regelt, wer was erhält, wenn jemand stirbt und keine Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag) existiert. Oberste Priorität hat der Ehepartner oder die Ehepartnerin. Haben Tom und Nina Kinder, müssen sie den Nachlass hälftig mit allfälligen Nachkommen teilen. Wenn der bzw. die Verstorbene keine Kinder hinterlässt, erhält der bzw. die Überlebende die gesamte Summe.
Im Konkubinat: Als Unverheiratete erben Tom und Nina gemäss Gesetz nichts voneinander. Im Todesfall tritt die gesetzliche Erbfolge ein, die in erster Linie die Nachkommen begünstigt. Haben sie keine Kinder und weder einen Erbvertrag noch ein Testament, geht das Erbe des bzw. der Verstorbenen an die Eltern. Für Konkubinatspartner empfiehlt es sich deshalb, den Partner oder die Partnerin zu begünstigen, damit dieser bzw. diese im Todesfall nicht leer ausgeht. Die Kinder des oder der Verstorbenen erben laut Gesetz mindestens die Hälfte, der Pflichtteil für Eltern wurde abgeschafft. Kinderlose können entsprechend den überlebenden Konkubinatspartner bzw. die Konkubinatspartnerin zum Alleinerben oder zur Alleinerbin machen.
Eine Vereinbarung für die «wilde» Ehe
Wenn sie heiraten, so die Schlussfolgerung von Nina und Tom, sind sie im Todesfall finanziell besser abgesichert als im Konkubinat. Würden sie in wilder Ehe weiterleben, hätte dies Vorteile in Bezug auf Altersrente und die Einkommenssteuern. Dafür fällt im Konkubinat, je nach Kanton, zu Lebzeiten eine Schenkungssteuer oder im Todesfall eine Erbschaftssteuer an.
Welche Folgen aber hat das Zusammenleben im Konkubinat, wenn sie Kinder bekommen? Was ist, wenn Nina oder Tom ihr Arbeitspensum reduzieren oder ganz aufhören zu arbeiten, weil er oder sie sich um die Kinder kümmern muss?
Ninas und Toms Vorsorgeberater schlägt als Lösung einen Konkubinatsvertrag vor. In diesem ist geregelt, wie und von welchem Bankkonto die Kosten für den Lebensunterhalt beglichen werden und wie Haushalts- und Wohnkosten sowie das Vermögen aufgeteilt sind. Empfehlenswert sei, so der Vorsorgeberater, eine Liste des Inventars zu erstellen und eine Vollmacht für ärztliche Behandlungen auszustellen.
Bei Ninas und Toms Pensionskassen ist eine Partnerrente möglich. Der Vorsorgeberater gibt ihnen entsprechend Formulare mit, um diese bei ihrer Pensionskasse zu beantragen (Mitteilung betreffend Lebenspartnerschaft, Mitteilung betreffend Begünstigung für Todesfallkapitalien). Die Partnerrente ermöglicht Tom und Nina, sich gegenseitig zu begünstigen, für den Fall, dass einer bzw. eine von ihnen stirbt.
Der Vorsorgeberater rät ausserdem zu einem Testament, einer Lebensversicherung und einer Patientenverfügung. «Nicht die einfachste Lösung», gibt der Vorsorgeberater mit einem Schmunzeln zu, als er die langen Gesichter von Nina und Tom sieht. «Testament, Lebensversicherung und Patientenverfügung würde ich Ihnen aber ebenso empfehlen, falls Sie heiraten wollen.»
Es sind dann aber weniger die pragmatischen Überlegungen, sondern die emotionalen, die für Nina und Tom den Ausschlag geben: Sie wollen sich gegenseitig Liebe und Treue für immer versprechen. Gemeinsam mit Trauzeugen und Eltern gehen die beiden am Tag vor der geplanten Hochzeitsfeier aufs Zivilstandsamt und heiraten offiziell. Das Wetter am Tag der grossen Grillparty am See ist traumhaft schön. Sie feiern bis in die frühen Morgenstunden, und abgesehen davon, dass der Trauzeuge ins Wasser fällt, ist die Party genauso grossartig, wie sie sich das erträumt haben.
Was passiert nach der Heirat mit der Pensionskasse?
Während Nina und Tom ihre Flitterwochen in Kanada verbringen, läuft im Hintergrund einiges an Administrativem ab. Die Arbeitgeber von Tom und Nina melden ihren Pensionskassen, dass die beiden geheiratet haben. Diese halten fest, welches Altersguthaben (Freizügigkeitsleistung) die beiden zum Zeitpunkt der Heirat angespart haben.
Dies ist nötig, um im Fall einer Scheidung für jeden Ehepartner gesondert zu ermitteln, um wie viel das Altersguthaben während der Ehe angewachsen ist. Der geschiedene Partner bzw. die geschiedene Partnerin wird am Zuwachs dieses Altersguthabens in der Regel zur Hälfte beteiligt.
Als Nina und Tom aus den Flitterwochen zurückkehren, liegen die neuen Vorsorgeausweise bereits im Briefkasten. Auch das Testament ist gemacht, sie haben die Patientenverfügungen ausgefüllt und sich gegenseitig mit einer Risiko-Lebensversicherung abgesichert. Was auch kommen mag: Tom und Nina können ihrer Zukunft gelassen entgegensehen.
Hinweis: Seit dem 1. Juli 2022 können gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Aus diesem Grund sind keine neuen eingetragenen Partnerschaften mehr möglich. Bestehende eingetragene Partnerschaften können in eine Ehe umgewandelt werden. Die rechtlichen Unterschiede betreffen vor allem die Einbürgerung, die Adoption und die Fortpflanzungsmedizin.
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit der Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG. Den Originaltext finden Sie hier.