Filmfestspiele Venedig: Die Kritik zum Gewinner «Roma»
Das Wichtigste in Kürze
- Alfonso Cuarón gewinnt mit «Roma» den wichtigsten Preis des Filmfestivals Venedig.
- Nach «Tu Mamá También» filmt Cuarón erneut in seiner Heimat Mexiko.
- Der Schwarz-Weiss-Film spielt 1971 und erzählt die Geschichte des Kindermädchens Cleo.
Bereits 2001 landete der mexikanische Regisseur Alfonso Cuarón in Venedig einen Volltreffer: «Tu Mamá También» folgt zwei mexikanischen Jungs auf einem Roadtrip mit einer atemberaubenden, älteren Frau. 2013 bekam auch «Gravity» - das Weltraumdrama mit Sandra Bullock und George Clooney - viel Applaus in der schwimmenden Stadt. Und jetzt also «Roma». Was kann Cuaróns neustes Stück?
Die Geschichte
«Roma» nimmt uns mit auf eine Reise durch Raum, Zeit und Klasse. Zieldestination: Mexiko City, Quartier «Colonia Roma», 1971. Es ist die Geschichte von Cleo (Laienschauspielerin Yalitza Aparicio) und ein bisschen auch von Sofìa (Marina de Tavira). Ein Blick auf ihre bare Haut stellt die Gesellschaftsklassen klar: Die indigene Cleo kümmert sich zusammen mit Adela (Nancy García García) um Kinder, Haushalt und Sofìa. Diese wiederum leidet unter ihrem betrügenden Ehemann. Und weil Cleo ein bisschen ähnliche Probleme hat, überlappen die Klassen, ohne wirklich zu verschmelzen.
Ein Jahr lang folgt die Kamera der feinen Familie und Cleo. Da sind Weihnachten und Neujahr, Jagdausflüge und Vorplatz schrubben. Eine verspätete Menstruation, ein unzuverlässiger Freund, Kinder, denen man erklären muss, dass Papa nicht mehr nach Hause kommt und Studenten, die sich auf einen Tag vorbereiten, der als das Massaker von Corpus Christi in Mexikos Geschichte eingehen wird.
Die Aufmachung
Für seinen Blick zurück wählt Cuarón Schwarz und Weiss. Farbe geben dem Streifen einzig die Figuren. Charaktere, mit scharf gespitzten Buntstiften und viel Liebe für Tiefgang gezeichnet. Cuarón lässt sich Zeit, sie zu erkunden. Hält die Kamera lange auf ein Gesicht, eine Bewegung, gibt der Mimik Raum und dem Dekor ebenfalls.
Die Kamera fliesst langsam aber gradlinig durch die Szenen. Diese wiederum scheinen mal in Echtzeit zu laufen, dann wieder folgt – Telenovela-gleich – im Stakkato eine Episode auf die nächste, mit viel Mut zur Lücke.
Der Vorfall am Set
«Roma» wurde bereits 2016 in den Strassen von Mexiko City gedreht. Dabei kam es zu einem Raubüberfall am Set. Laut Filmstudio seien dabei fünf Mitarbeiter der Filmcrew verletzt und ins Krankenhaus gebracht worden. Die Diebe nahmen Mobiltelefone, Portemonnaies und Schmuck mit.
Der persönliche Bezug
Regisseur Cuarón wuchs selber in einem reichen Haushalt in Mexico auf und wurde von einem Kindermädchen betreut. Die Figur der Cleo ist eine Hommage an jene Frau aus Cuaróns Kindertagen. Wie ein rosa Schimmer scheint dieses persönliche Band durch den gesamten Film und macht ihn zu Cuaróns einzigartigstem Werk bisher.
Warum Netflix?
Netflix sicherte sich die Rechte an dem Film erst in diesem Frühling. Cuarón, Cineast durch und durch, erklärte, er habe dem Deal zugestimmt, weil er ein so grossesn Publikum wie möglich erreichen wolle. Das sei mit Netflix eher möglich, als nur im Kino. Dort allerdings wird das Schwarz-Weiss-Werk voraussichtlich im Dezember Premiere feiern.
★★★★★
Voraussichtlich ab dem 14. Dezember im Kino. Danach auf Netflix zu sehen.