Grün und künstlich: Almere in den Niederlanden
Das Wichtigste in Kürze
- Almere ist eine grüne Stadt im Süden der künstlichen Insel Flevopolder der Niederlande.
- Der visionäre Stararchitekt Rem Koolhaas hat einen Grossteil der Stadt entworfen.
- Sie liegt fünf Meter unter Meeresspiegel – und bietet auch sonst Erstaunliches.
- Im Sommer 2022 findet hier die Floriade Expo statt.
Unter dem endlosen Himmel ziehen sich die Strassen schnurgerade scheinbar ins Unendliche. Wolken türmen sich auf zu dramatischen Gebilden, spiegeln sich im Wasser.
Hier im Flevopolder ist das Land noch platter als sonst in den Niederlanden, der Himmel noch weiter, das Licht noch klarer.
Am südwestlichen Zipfel der künstlichen Insel liegt Almere – mit ihren rund 220'000 Einwohnern die jüngste Stadt der Niederlande und kaum 50 Jahre alt.
Das Land, auf dem sie steht, wurde dem Wasser abgerungen, und so ist Almere ein Symbol für den Kampf gegen die Naturgewalten.
Zugleich ist sie eine grüne Stadt – umgeben von Naturparks sowie dem Markermeer, dem Ijmeer und dem Gooimeer. Vom 14. April bis 9. Oktober ist Almere Kulisse der Floriade Expo 2022.
Die Internationale Gartenbauausstellung findet alle zehn Jahre an einem anderen Ort statt, in diesem Jahr mit dem Thema: «Growing Green Cities», wachsende grüne Städte.
Die Floriade ist mehr als eine bunte Schau von Gärten aus aller Welt. Es ist eine Ideenmesse für die Zukunft: Wie können unsere Städte angesichts des Klimawandels lebenswerter, grüner, nachhaltiger werden?
In der Ferne die Skyline von Amsterdam
Dafür gibt es kaum einen besseren Schauplatz als Almere. Es ist eine grüne Stadt, aber ebenso eine blaue Stadt. Alles hier ist von Wasser umgeben, und fast überall bläst ein kräftiger Seewind.
Er wirbelt die Haare durcheinander, lässt einen strampeln auf dem «fiets» – dem Velo – und pustet frische Gedanken in den Kopf.
Almere ist durchzogen von Kanälen und ein Paradies für Wassersportler. In der Ferne sieht man die Skyline von Amsterdam.
Nur wenige Minuten Fussweg vom Bahnhof entfernt liegt mitten in der City der See Weerwater. Auf breiten Holz-Pontons räkeln sich Studenten in der Sonne, relaxen Angestellte in der Mittagspause am neuen City-Strand.
Gleich daneben liegt das Theater «Kunstlinie», das auf dem Wasser zu schwimmen scheint. Wasser und Wolken spiegeln sich in der gläsernen Fassade des Gebäudes.
Subtiler Hinweis auf den Meeresspiegel
«Wir sind hier fünf Meter unter dem Meeresspiegel», sagt Paul Meekel. Er führt Besucher durch die Stadt, zeigt ihnen das Spektakuläre, aber auch das Unscheinbare. Wie eine gezackte Linie in einer Fassade.
«Sie gibt die Höhe des Meeresspiegels an.» So werden Menschen sehr subtil daran erinnert, dass dieser Wohnort alles andere als selbstverständlich ist.
Für Niederländer ist das nichts Neues, etwa 40 Prozent ihres Landes liegen unterm Meeresspiegel. Doch in Almere ist alles noch eine Nummer schärfer. Hier war bis 1968 Wasser.
Einst lag hier die Zuiderzee, die Südsee, eine Ausstülpung der Nordsee. Jahrhunderte lang waren Dörfer und Inseln Spielball von heftigen Stürmen und Überflutungen. Die Fluten reichten bis vor die Tore von Amsterdam.
Anfang des 20. Jahrhunderts beschloss man, die Zuiderzee trocken zu legen. Ein Teil wurde das heutige Ijsselmeer. Ein anderer Teil wurde trocken gelegt, eingepoldert.
Ein Mekka für Architekturfreunde
Almere wurde auf dem Reissbrett entworfen und zur Spielwiese für Spitzenarchitekten. Der niederländische Stararchitekt Rem Koolhaas entwarf das Zentrum. Drei Stockwerke hat es.
Unten liegen Parkplätze, Strassen, getrennte Spuren für Busse und Velos. Aus der Unterwelt führen breite Rolltreppen nach oben zur Shoppingmall, dem Strand und atemberaubenden Wohntürmen.
Oben, auf den grün bewachsenen, leicht hügligen Dächern der Läden, stehen Reihenhäuschen mit idyllischen Gärtchen – fast wähnt man sich im Teletubby-Land.
Viertel wurden nach Bedürfnissen der Bürger gebaut: «Duin» (Düne) etwa ist eine künstlich gebaute Dünenlandschaft mit Jachthafen und Strandboulevard. Im Öko-Viertel «Oosterwold» leben die Menschen nachhaltig und bauen ihre eigene Nahrung an.