Seebären und balzende Strausse: Kapstadts wilde Seite entdecken
Das Wichtigste in Kürze
- Die False Bay bei Kapstadt in Südafrika ist ein Paradies für Natur- und Tierfreunde.
- Pinguine, Wale und Robben lassen sich aus nächster Nähe per Kajak beobachten.
- Weite Teile der Kaphalbinsel sowie Küstenregionen sind heute Naturschutzgebiet.
Flach wie ein Spiegel liegt die False Bay an diesem Wintermorgen vor Kapstadts südlichstem Vorort Simon's Town. «Nicht der allerschlechteste Tag für einen Ausflug aufs Meer», sagt Derek.
Seit 20 Jahren bietet er Kajaktouren in der Bucht an. Seine Gäste steigen in die kleinen Boote, um Tiere zu beobachten, die manch einer in Afrika vielleicht gar nicht erwarten würde.
Unverhoffte Begegnung mit einem Wal
Nach einem kurzen Sicherheitsbriefing paddelt die Gruppe hinaus aufs Meer, vorbei an luxuriösen Jachten im Hafen von Simon's Town und Fregatten der benachbarten Marinebasis.
In drei wendigen Einer-Booten begleitet Derek mit zwei Kollegen die Tourgäste, die schon bald gigantische Gesellschaft bekommen: Ein Buckelwal taucht ein paar Hundert Meter hinter den Kajaks auf, um einmal tief Luft zu holen.
Mit überraschendem Tempo schneiden die enorm stabilen Kajaks durch das absolut glatte Wasser. Derek steuert einen Felsen an, der gut 500 Meter vor der Küste aus dem Wasser ragt und einer offensichtlich wohlgenährten Robbe als sonniger Ruheplatz dient.
Die Hauptattraktion der Tour aber sind Vögel, die ebenso grazil schwimmen können wie die Fische: Brillenpinguine.
Am Boulders Beach bei Simon's Town hat die einzige Pinguinart des afrikanischen Kontinents eines ihrer letzten Refugien. Rund 2500 der schwarz-weiss gefiederten Tiere leben in der streng geschützten Kolonie, die zum Tafelberg-Nationalpark gehört.
Die Geschichte der Pinguine
Zwei bis vier Millionen Jahre lang brüteten die flugunfähigen Vögel relativ ungestört auf den kleinen Eilanden vor der südafrikanischen und namibischen Küste.
Um 1900 soll ihr Bestand noch bei drei bis vier Millionen Tieren gelegen haben. Heute hat die Art gerade noch 36 000 lebende Vertreter.
Von den Inseln wurden die Tiere verdrängt, weil der Mensch ihnen mit dem Guano-Abbau das Baumaterial für ihre Nester nahm – und dann auch noch die Eier raubte. Die Pinguine zogen sich aufs Festland zurück, wo Raubtiere sie bedrohen.
Inzwischen stehen die Vögel ebenso wie weite Teile der Kaphalbinsel und sämtliche küstennahen Meeresgebiete unter dem Schutz des Tafelberg-Nationalparks.
Längst hat sich in Kapstadt die Erkenntnis durchgesetzt, dass die Tiere in der spektakulären Wasserwelt rund um die Metropole lebend deutlich wertvoller sind.
Davon profitieren auch die Robben, die sich ein paar Kilometer westlich des Fischerhafens von Hout Bay auf den wellenumtosten Felsen von Duiker Island eingefunden haben. 3000 Südafrikanische Seebären drängeln sich auf dem kleinen Eiland.
Auf Schnorcheltour mit Robben
Beobachten lassen sich die bis zu 300 Kilogramm schweren Robben nicht nur vom Boot aus, sondern auch auf geführten Schnorcheltouren.
Die beiden Guides Jami Marnitz und Sam Sivewright lassen ihre Gäste dazu in fünf Millimeter dicke Neoprenanzüge plus zusätzliche Neoprenweste schlüpfen, deren Sinn sich nach dem Sprung in das etwa zwölf Grad kalte Wasser des Atlantiks sofort erschliesst.
Sobald der erste Kälteschock überwunden ist, durchflutet eine seltsame Wärme den Körper. Die Aufmerksamkeit gilt ohnehin schon längst den verspielten, neugierigen und dabei torpedoschnellen Seebären.
Immer wieder schiessen die Tiere bis kurz vor die Taucherbrille. Sie halten auch mal kurz inne, um die seltsamen Eindringlinge zu beäugen, und drehen dann elegant wieder ab.
Am grossartigsten, erzählt Jami, ist das Erlebnis im März und April, wenn die Jungtiere anfangen zu schwimmen. Spannend sei auch die Paarungszeit im Oktober und November. «Die küssen sich schon ziemlich ausgiebig und führen ihre intimen Tänze auf», erklärt sie.
Erkundungen mit elektrischer Unterstützung
Doch auch an Land hat das Kap einiges zu bieten. Auf einer geführten E-Bike-Tour lässt sich der Abschnitt des Nationalparks an der südwestlichsten Spitze Afrikas erkunden.
Über schroffe Klippen fällt die Küste hier nach Osten grösstenteils steil in die False Bay ab. In der Strauchlandschaft grasen bis zu einer Tonne schwere Elenantilopen und kleinere Buntböcke.
Ein Straussenweibchen rennt vor den Radlern die Strasse entlang. Kurz vorm Kap führt ein Straussenmännchen dann einen seltsam anmutenden Tanz auf, bei dem es die Brust fast über den Boden schleift und mit den Flügeln wellenförmig rudert.
«Das ist ein Paarungstanz», klärt Guide Eduard Snyman auf. Der Strauss wolle bei den Damen Eindruck machen.
Nur ein paar Touristen – aber freche Affen
An der hölzernen Namenstafel mit den Koordinaten des Kaps haben sich tatsächlich ein paar Touristen eingefunden. An dieser Stelle warteten vor Corona Menschen aus aller Welt in langen Schlangen darauf, ihr obligatorisches Erinnerungsfoto zu schiessen.
Unterstützt vom leise surrenden Elektromotor geht es weiter, die nun kurvenreiche Strasse zum Cape Point hinauf. Hoch oben auf den steilen Klippen dient der alte Leuchtturm noch immer als Postkartenmotiv.
Vor einem geschlossenen Souvenirladen hat ein Pavianweibchen ein argloses Urlauberpärchen ins Visier genommen und deren Proviantbeutel erbeutet.
Eduard Snyman hat vor den diebischen Affen gewarnt und muss sich nun ein Lachen verkneifen. Die Tiere dürfen unter Strafandrohung nicht gefüttert werden. Bloss gehen sie selbst gerne auf Beutezug.