Tierschutz: Warum gibt es so viele Strassenhunde in Rumänien?
Beim Tierschutz macht Rumänien nicht unbedingt den besten Eindruck. Doch warum gibt es im südosteuropäischen Land überhaupt so viele Strassenhunde?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Zahl der Strassenhunde in Rumänien wird auf 600'000 Tiere geschätzt.
- Auch offiziell als Haustiere gehaltene Hunde werden oft schlecht behandelt.
Wer schon einmal mit offenen Augen durch Rumänien gereist ist, dem sind zweifellos die vielen Strassenhunde aufgefallen. Offizielle Statistiken gibt es zwar nicht, doch ihre Zahl wird von Peta auf etwa 600'000 geschätzt.
Dazu kommen noch etwa 5,4 Millionen Hunde, die unter oft schlechten Bedingungen und unter Missachtung des Tierschutzes gehalten werden.
Die Wurzeln des rumänischen Hundeproblems
In den 1970er-Jahren wurden viele Rumänen in moderne Wohnblöcke zwangsumgesiedelt und mussten ihre Häuser verlassen. Ihre Hunde konnten oder wollten sie nicht mitnehmen.
Entsprechend viele verlassene Hunde streunten plötzlich durch die Strassen. Und da die meisten von ihnen nicht kastriert oder sterilisiert waren, vermehrten sie sich schnell.
Dazu kommt eine andere Einstellung der Menschen gegenüber Hunden und anderen Tieren. Sie werden weniger als geliebte Familienmitglieder betrachtet, sondern eher als Nutztiere.
Unzählige Hunde haben daher nominell einen Besitzer, fristen aber ein kärgliches Dasein und streunen viel umher. Andere werden als Kettenhunde in Höfen und an Strassen gehalten.
Tierschutz: Das Leid der Strassenhunde
Nach dem Ende des Kommunismus wuchs erstmals das Bewusstsein für dieses Problem. Zahllose Hunde wurden eingefangen und kastriert. Dass sich nicht wirklich etwas änderte, lag jedoch an der sogenannten Hundefängermafia. Diese verdient bis heute gutes Geld mit dem Einfangen und Töten von Streunern.
Auch die mittlerweile eingeführte Kastrationspflicht umgehen sie auf perfide Weise: Sie lassen Hunde so lange hungern und verwahrlosen, bis eine Kastration nicht mehr durchgeführt werden kann. Dann bleibt nur noch die Tötung des Tieres – für die sie wiederum eine Kopfgeldprämie kassieren.
Neben dem Tierschutz ist auch die Politik gefordert
Tierschutzverbände appellieren an die rumänische Politik, dem Treiben der Hundefängermafia Einhalt zu gebieten. Vor allem wird die Abschaffung der Kopfgeldprämie gefordert, die das Geschäft überhaupt am Leben erhält. Doch bislang ist nicht viel passiert.
Private Tierfreunde, auch aus dem Ausland, versuchen regelmässig, Hunde aus den sogenannten Tötungsstationen zu retten. In diese werden gefangene Hunde vor der Tötung gebracht. Allerdings können sie nur eine sehr begrenzte Zahl retten, wodurch dies auch keine dauerhafte Lösung darstellt.
Tierschutz für alle: Appell an die Bevölkerung
Grösseren Erfolg zeigt das Engagement für mehr Tierschutz bei der rumänischen Bevölkerung. So können immer mehr Kastrationsprogramme durchgeführt werden, häufig finanziert von privaten Spendern. Allerdings beschränkt sich die Tierliebe im Wesentlichen auf die grösseren Städte.
Die Landbevölkerung betrachtet Hunde nach wie vor als Nutztiere, die keinen sonderlichen Tierschutz brauchen. Der Kastration steht sie eher ablehnend gegenüber.
Dazu wird die Stimmung gegen Strassenhunde immer wieder angeheizt: 2013 wurde ein vierjähriger Junge von einem Rudel Hunde angefallen und zu Tode gebissen.
Erst später stellte sich heraus, dass der Junge nicht von Strassenhunden angegriffen worden war. Es handelte sich um Wachhunde auf einem Firmengelände.
Ausländische Helfende vermitteln Tiere ins Ausland
Auch ausländische Tierfreunde engagieren sich in Rumänien für Strassenhunde. Häufig leiten sie Auffangstationen und Tierheime, in denen gefangene Hunde aufgepäppelt werden.
Anschliessend werden sie in liebevolle Hände in den Heimatländern vermittelt, darunter auch in die Schweiz. Alleine im Jahr 2023 wurden laut der Webseite Tierstatistik 1802 Hunde aus Rumänien in die Schweiz importiert. Im Jahr davor waren es sogar 2091.