Joe Biden nimmt Nominierung als Präsidentschaftskandidat an
Zum Abschluss des Parteitags der US-Demokraten hat Joe Biden die Nominierung als Präsidentschaftskandidat angenommen.
Das Wichtigste in Kürze
- Joe Biden hat die Nomination der US-Demokraten als Präsidentschaftskandidat angenommen.
- Biden zieht mit der 55-jährigen Senatorin Kamala Harris in den Kampf gegen Trump.
Damit ist Joe Biden offiziell der Herausforderer des republikanischen Amtsinhabers Donald Trump bei der Wahl im November. «Mit grosser Ehre und Demut nehme ich diese Nominierung für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika an», sagte Biden am Donnerstagabend (Ortszeit) in der bislang wichtigsten Rede seiner jahrzehntelangen politischen Karriere.
Joe Biden will draw on the best of us, not the worst. He will unite the country to meet the moment and overcome this season of darkness in America. #DemConvention pic.twitter.com/wYFh8JWTf0
— Unite the Country (@UniteCountryPAC) August 21, 2020
Biden versprach, der Präsident aller Amerikaner zu sein, nicht nur jener, die ihn wählen. «Vereint können und werden wir die Zeit der Dunkelheit in Amerika überwinden», sagte er. Der Ex-Vizepräsident trat in seinem Wohnort Wilmington (Delaware) auf.
Biden: «Trump hat uns nicht beschützt»
Amtsinhaber Trump warf Biden in seiner Rede unverzeihliche Versäumnisse vor: «Unser derzeitiger Präsident hat in seiner grundlegendsten Pflicht gegenüber der Nation versagt. Er hat uns nicht beschützt. Er hat Amerika nicht beschützt».
Und weiter: «Das ist unverzeihlich.» Als Präsident werde er den Amerikanern ein Versprechen geben: «Ich werde Amerika beschützen, ich werde uns gegen jede Attacke - sichtbar oder unsichtbar - verteidigen, immer, ohne Ausnahme, jedes Mal.»
Biden beklagte die mehr als 170'000 Toten in der Corona-Pandemie und warf Trump vor, noch immer keinen Plan zu haben, wie er die Krise in den Griff bekommen wolle.
Der Republikaner habe bis heute nicht verstanden, dass sich die Wirtschaft nicht erholen werde und die Schulen nicht wieder sicher geöffnet werden könnten, solange er sich nicht mit dem Virus befasse, so Biden.
Joe Bidens «Game-Plan»
Der langjährige Senator führte auch gleich aus, wie er sich um die Corona-Krise kümmern werde. So plant er etwa schon «am ersten Tag» seiner Amtszeit einen Plan zur Eindämmung der Coronavirus-Pandemie vorstellen.
Dafür soll es Biden zufolge auch eine landesweite Pflicht geben, Masken über Mund und Nase zu Tragen, um Infektionen zu verhindern. Ohne die Eindämmung des Virus könne sich auch die Wirtschaft nicht wieder erholen, betonte Biden. Biden versprach, die Wirtschaft wieder anzukurbeln und dabei Millionen neue Jobs zu schaffen.
Auch den Klimawandel erwähnte Biden in seiner Rede: «Wir werden und können uns der existenziellen Bedrohung des Klimawandels stellen», versprach er. Nötige Investitionen könnten finanziert werden, indem die von Trump durchgesetzten Steuersenkungen für Vermögende rückgängig gemacht würden, sagte Biden.
Biden versprach zudem, den Gesundheitssektor zu stärken und das Sozialversicherungssystem zu stärken. Und er wolle sich infolge des Tods des Afroamerikaners George Floyd bei einem brutalen Polizeieinsatz im Mai mit Nachdruck für das Ausmerzen des «systematischen Rassismus» in den USA einsetzen.
Vize-Kandidatin Harris: «Joe wird uns zusammenbringen»
Biden, der von 2009 bis 2017 Vize des damaligen Präsidenten Barack Obama war, liegt in landesweiten Umfragen vor Trump. Die Erhebungen haben aber wegen des komplizierten Wahlsystems nur begrenzte Aussagekraft.
Der Politiker, der zum moderaten Flügel der Partei gehört, ist bislang gut mit einem zurückhaltenden Wahlkampf gefahren, mit dem er der Pandemie Rechnung getragen hat.
Biden zieht mit der Senatorin Kamala Harris als Vize-Kandidatin in die Wahl - im Falle eines Siegs wäre die 55-Jährige die erste Frau und Schwarze auf dem Vizepräsidentenposten.
«Joe wird uns zusammenbringen, um der Rassenungerechtigkeit direkt ins Auge zu sehen und sie niederzureissen», hatte Harris am Mittwoch in ihrer sehr persönlichen Rede gesagt, mit der sie ihre Nominierung angenommen hatte.
Sie und Biden seien der Überzeugung, eine Gemeinschaft aufbauen zu können, die «stark und anständig, gerecht und freundlich ist. Eine, in der wir uns alle sehen können.»
Demokraten demonstrieren Einheit
Bei dem Parteitag gelang es den Demokraten anders als 2016, Einheit zu demonstrieren. Als besonders wichtig galt dabei der Appell des linken Senators Bernie Sanders an seine Anhänger, Biden zu unterstützen. «Bei dieser Wahl geht es um den Erhalt unserer Demokratie», sagte Sanders zum Auftakt des Parteitags. Er rief die Demokraten auf, zusammenzukommen.
Ursprünglich sollte der Parteitag - normalerweise ein Mega-Event im Wahlkampf, das in die heisse Phase vor der Wahl führt - mit Zehntausenden Delegierten, Gästen und Journalisten in Milwaukee (Wisconsin) stattfinden. Übrig blieb ein zweistündiges Programm pro Abend, das im Fernsehen und digital zu sehen war.
"The future of our democracy is at stake.
— Chip Moynihan (@ChipMoynihan) August 18, 2020
The future of our economy is at stake.
The future of our planet is at stake.
“We must come together, defeat Donald Trump and elect Joe Biden and Kamala Harris.” – Sen. Bernie Sanders #DemConvention pic.twitter.com/UCWxOT9MK4
Politiker und Bürger prangerten Missstände unter Trump an - insbesondere dessen Krisenmanagement in der Corona-Pandemie -, liessen Opfer von Waffengewalt zu Wort kommen und adressierten den Klimawandel.
Vielfalt und Einwanderung betonten sie als Stärke. Der Parteitag zielte zudem darauf ab, enttäuschte Trump-Wähler oder Wechselwähler anzusprechen. Auch mehrere Republikaner, die zur Wahl von Biden aufriefen, kamen zu Wort.
Ex-Präsidenten warben für Wahl von Biden
Die drei demokratischen Ex-Präsidenten Barack Obama (59), Bill Clinton (74) und der älteste unter ihnen, Jimmy Carter (95) warben für die Wahl von Biden. Obama legte unter den früheren Amtsinhabern den spektakulärsten Auftritt hin.
In seiner Rede am Mittwochabend stellte er Trump als Gefahr für die Demokratie dar und warf ihm Versagen und Machtmissbrauch vor. Es war nicht nur eine Abrechnung mit seinem direkten Nachfolger, sondern auch eine düstere Warnung an die Wähler.
.@BarackObama says @realDonaldTrump's administration will "tear our democracy down, if that's what it takes to win." pic.twitter.com/vQHbyfk2Va
— Washington Examiner (@dcexaminer) August 20, 2020
Obamas Stimme hat Gewicht - er ist immer noch einer der beliebtesten Politiker des Landes. Mit seinem scharfen Angriff auf
Obamas Ehefrau Michelle hatte am Montag eine leidenschaftliche Rede gehalten, sie sprach über Empathie und Werte und übte dann vernichtende Kritik an Trump. «Donald Trump ist der falsche Präsident für unser Land», sagte sie.
«Präsident zu sein ändert nicht, wer du bist. Es offenbart, wer du bist.» Biden lobte sie als «zutiefst anständigen Mann», der zuhöre, die Wahrheit sagen und der Wissenschaft vertrauen werde.
Trump: «Demokraten sind komplett wahnsinnig»
Trump, der kommende Woche beim Parteitag der Republikaner erneut zum Präsidentschaftskandidaten nominiert werden soll, bestritt während des Parteitags der Demokraten mehrere Wahlkampfauftritte.
Am Donnerstag griff er die Demokraten unweit des Geburtsortes von Biden in Pennsylvania heftig an. Die Demokraten würden bei einem Wahlsieg im November die Wirtschaft ruinieren, die Polizei abschaffen und das Land in Anarchie stürzen, warnte Trump in Old Forge.
Sie seien «komplett wahnsinnig», behauptete er. Der Republikaner wiederholte auch seine Warnung, dass die Demokraten die Steuern drastisch erhöhen würden. «Es geht bei dieser Wahl um das Überleben der Nation», sagte Trump.
Über Joe Biden sagte der Republikaner: «Er ist euer schlimmster Albtraum.» Seit einem «halben Jahrhundert» sei der langjährige Senator und frühere Vizepräsident am «Ausverkauf unseres Landes» beteiligt und habe anderen Ländern geholfen, «unsere Jobs zu stehlen».
Trump zeichnete ein apokalyptisches Bild für den Fall eines Wahlsiegs des Präsidentschaftskandidaten der oppositionellen Demokraten am 3. November.
Wenn ihr einen Ausblick auf euer Leben unter einer Biden-Präsidentschaft haben wollt, denkt an die rauchenden Ruinen in Minneapolis, die gewalttätige Anarchie in Portland, die blutbefleckten Bürgersteige von Chicago, und stellt euch das Chaos vor, das auf eure Stadt zukommt.»