Ukraine-Krieg: Das soll der wahre Grund für Putins Kriegsstart sein
Ein US-Experte hat eine neue Theorie, wann Putins Kurs Richtung Ukraine-Krieg begonnen hat. Auslöser soll ein Terroranschlag gewesen sein.
Das Wichtigste in Kürze
- Vor über 20 Jahren waren Putins Beziehungen mit dem Westen noch besser.
- Laut einem US-Experten hat ihn nicht die Nato-Erweiterung auf Kriegskurs gebracht.
- Stattdessen sei der Kremlchef nach einem verheerenden Terroranschlag radikaler geworden.
Nach der Jahrtausendwende waren die Beziehungen Russlands mit den USA und anderen Nato-Mitgliedern noch deutlich besser. Nun gibt es eine neue These, wann und wieso der Kollisionskurs mit dem Westen begann, der schliesslich zum Ukraine-Krieg führte.
Denn laut dem Artikel eines Kolumnisten der «Washington Post» ist der Grund nicht die Osterweiterung der Nato. Stattdessen soll Kremlchef Wladimir Putin nach einem schweren Terroranschlag im Jahr 2004 den Kurs geändert haben.
Neues Buch über Bushs Aussenpolitik
Dabei stützt sich der Journalist David Ignatius auf ein Buch von hochrangigen Beratern von Ex-US-Präsident George W. Bush. Dieses beschreibt die aussenpolitische Bilanz des Präsidenten von seinen Regierungsjahren 2001 bis 2009.
Bushs Russland-Berater Thomas Graham erwähnt darin die verheerende Geiselnahme von Beslan am 1. September 2004. Damals stürmten tschetschenische Separatisten eine Schule in der russischen Provinzstadt und hielten hunderte Menschen als Geiseln fest. Nach einem verpfuschten Befreiungsversuch russischer Sicherheitskräfte wurden insgesamt 333 Geiseln getötet.
Ukraine-Krieg: Putin fühlte sich im Stich gelassen
Nach dem Anschlag habe sich Putin von den westlichen Verbündeten im Stich gelassen gefühlt, schreibt Graham. Infolge des Terrorangriffs am 11. September 2001 in den USA waren die beiden Länder nämlich eine Partnerschaft zur Terrorbekämpfung eingegangen.
Nach Beslan soll der Kremlchef – laut Graham «zu Unrecht» – vermutet haben, dass die USA die Separatisten unterstützt hätten. Dies, weil die Amerikaner «moderaten» Tschetschenen Asyl gewähren wollten. Putin spekulierte gar über eine direkte Unterstützung der US-Geheimdienste in tschetschenischen Gebieten.
Die Erweiterungsrunde der Nato im Frühling 2004 mit Russland-Nachbarn Litauen, Lettland und Estland hätte die Beziehungen dagegen kaum verschlechtert. Putin sei zwar «verstimmt» gewesen, erinnert sich Graham, aber habe die Neuigkeiten trotzdem akzeptiert.
In einer Rede nach dem Blutbad von Beslan übte der Kremlchef dann aber harte Kritik am Westen: «Wir haben Schwäche gezeigt. Und die Schwachen werden geschlagen», sagte er im Anschluss an das Massaker. Zudem erinnerte er daran, dass Russland eine Atommacht sei – wie mehrmals wieder seit Beginn des Ukraine-Kriegs.
Und wenig später kam es in der Ukraine zur sogenannten Orangen Revolution: Nach einer Reihe von Protesten wegen Wahlfälschungen wurde Viktor Juschtschenko zum neuen Präsidenten – statt Kreml-Favorit Viktor Janukowitsch. Von diesem massiven Einfluss-Verlust Russlands im Nachbarland lässt sich schliesslich eine direkte Linie zum Ukraine-Krieg ziehen.