Washington: Schon in Vergangenheit kam es zu Beinahe-Unfällen
Die Behörden bitten bei der Suche nach der Ursache des Absturzes in Washington um Geduld. Bereits mehrfach kam es auf dem Flughafen zu Beinahe-Unfällen.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Flugzeugunglück in Washington wurden beide Flugschreiber gefunden.
- Die Unfallermittlungsbehörde bittet um Geduld bei der Aufklärung.
- Inzwischen sind die Identitäten von einigen der Opfer bekannt.
- Laut Piloten und Fluglotsen war ein Zusammenstoss absehbar.
Bei der Kollision eines Passagierflugzeugs mit einem Helikopter in Washington kamen am Mittwochabend alle 67 Flugzeuginsassen ums Leben.
Jetzt wird bekannt: Rund um den Reagan National Airport hätte es bereits viel früher zu einem tragischen Unglück kommen können.
Dies berichtet der Fernsehsender CNN unter Berufung auf Piloten- und Fluglotsenberichte.
Nur einen Tag vor der Katastrophe musste demnach ein Flugzeug seinen Landeversuch auf dem Flughafen abbrechen. Laut der Flugsicherung, weil ein Helikopter sich der Flugbahn der Maschine näherte.
In den drei Jahren vor dem Unglück meldeten zudem Piloten in zwei weiteren Fällen, dass sie beim Landeanflug auf den Flughafen Reagan einem Helikopter ausweichen mussten. Ein Fluglotse schilderte einen Vorfall, bei dem sich zwei Militärhelikopter gefährlich nahekamen.
Ist der Flughafen überlastet?
Zum Zeitpunkt des Unglücks war ein einziger Fluglotse für den Flugverkehr und die Helikopter verantwortlich. Dies teilte eine Quelle dem Fernsehsender mit.
Die New York Times beruf sich am Donnerstag auf einen vorläufigen Bericht der Federal Aviation Administration, der zum Schluss kam: Die Personalbesetzung im Kontrollturm des Flughafens sei «für die Tageszeit und das Verkehrsaufkommen nicht normal» gewesen.
Bereits bei der Fast-Kollision zweier Helikopter 2022 hatte der Fluglotse die Personalbesetzung des Flughafentowers bemängelt.
Wie CNN weiter berichtet, debattierte die Politik in den letzten Jahren hitzig über eine Erweiterung des Flughafens. Einige Gesetzgeber äusserten immer wieder Sicherheitsbedenken. Sie warnten davor, dass der Flughafen übermässig überlastet sei.
Weitere Opfer bekannt
Wie die «Sun» berichtet, sind nun die Identitäten weiterer Opfer bekannt. Es sind tragische Schicksale.
Mindestens 14 Fluggäste in der Maschine von Kansas nach Washington gehörten dem Skating Club of Boston an. Sie waren auf der Rückreise von den nationalen Eislaufmeisterschaften.
Opfer war Ex-Miss und Obama-Praktikantin
Bei dem Absturz kamen zwei junge Eiskunstlauftalente ums Leben: die 13-jährige Jinna Han und der drei Jahre ältere Spencer Lane. Unter den Opfern sind auch die Mütter der beiden Teenager, sowie ihre Trainer.
Bei den Trainern handelte es sich um das russische Ehepaar Jewgenija Schischkowa und Wadim Naumow. Die beiden wurden 1994 Eiskunstlauf-Weltmeister. Sie hinterlassen ihren 23-jährigen Sohn Maxim.
Ebenfalls ihr Leben verloren hat die 30-jährige Kiah Duggins. Die Harvard-Absolventin wurde als Kandidatin bei der Miss-Kansas-Wahl bekannt.
Sie arbeitete auch als Praktikantin für Michelle Obama, die Ehefrau von Ex-US-Präsident Barack Obama. Zuletzt machte sie sich als bekannte Bürgerrechtsanwältin einen Namen.
In der Todesmaschine befanden sich auch der 40-jährige Michael Stovall und sechs seiner engsten Freunde.
Sie waren auf dem Heimweg von einem Jagdausflug in Kansas. Einer seiner Kollegen, der 30-jährige Jesse Pitcher war gerade frisch verheiratet.
Identitäten der Piloten bekannt
Inzwischen sind auch die Identitäten der Cockpit-Crew bekannt: Pilot der American-Airlines-Maschine war der 34-jährige Jonathan Campos.
Als erster Offizier mit ihm im Cockpit sass der fünf Jahre jüngere Samuel Lilley. Er stand kurz vor seiner Beförderung zum Kapitän und hatte sich kurz vor dem Unglück verlobt.
Ums Leben kam auch Ryan O'Hara, der Crew Chief des Black-Fawk-Helikopters, der mit der Passagiermaschine kollidierte. O'Hara lässt seine Ehefrau und den gemeinsamen einjährigen Sohn zurück.
Flugschreiber geborgen
Nach dem Flugzeugunglück in Washington sind die beiden Flugschreiber aus der in den Fluss Potomac gestürzten Maschine geborgen worden.
Sie würden nun bei der Untersuchungsbehörde NTSB ausgewertet, berichteten US-Medien unter Berufung auf Quellen.
Experten erhoffen sich von den Flugschreiberdaten – jeweils auch als Black Box bezeichnet – Erkenntnisse über die Unfallursache.
Der Flugdatenschreiber zeichnet die Flugdaten auf, der Stimmenrekorder die Gespräche im Cockpit.
Wegen des kalten Wetters wurden die Bergungsarbeiten laut CNN am Abend über Nacht eingestellt. Um weitere Leichen zu bergen, muss der Rumpf des Flugzeugs gehoben werden.
Derweil teilten NTSB-Ermittler mit, der Hubschrauber habe sich auf einer falschen Flughöhe befunden. Die Obergrenze befinde sich auf diesen Strecken bei 200 Fuss (rund 60 Meter).
Wenn sich der Helikopter auf dieser Höhe befunden hätte, wäre er unter dem Flugzeug geflogen, weil dieses auf etwa 400 Fuss gewesen sei, sagte NTSB-Ermittler Greg Feith dem Sender CNN.
Behörde bittet um Geduld
Nach den voreiligen Schlussfolgerungen von US-Präsident Donald Trump zum Flugzeugunglück in Washington hat die Unfallermittlungsbehörde NTSB um Geduld bei der Aufklärung der Ursache gebeten.
«Sie müssen uns Zeit geben», sagte die Behördenleiterin Jennifer Homendy bei einer Pressekonferenz.
Die Ermittler hätten Daten und grosse Mengen an Informationen. Diese auszuwerten und zu verifizieren, dauere jedoch.
Rund 50 Ermittler seien an der Unglücksstelle im Einsatz. Hinzu kämen Spezialisten in der Behördenzentrale, die mit dem Fall betraut seien. «Wir werden bei dieser Untersuchung jeden Stein umdrehen», versprach sie.
Ein anderer Vertreter der Behörde, Todd Inman, betonte ebenfalls: «Wir werden weder die wahrscheinliche Ursache des Unfalls bestimmen, während wir hier vor Ort sind, noch werden wir über die mögliche Ursache spekulieren.»
Ziel sei es, innerhalb von 30 Tagen einen vorläufigen Bericht vorzulegen.
Trump sieht Fehler bei Piloten und Diversitätsprogrammen
Trump hatte sich zuvor öffentlich beklagt, dass es nach solchen Unglücken immer viel zu lange dauere, bis es Informationen zu deren Ursache gebe.
«Wir wissen nicht, was zu diesem Absturz geführt hat», sagte der Präsident. «Aber wir haben einige sehr starke Meinungen und Ideen.»
Die gab er zum Besten, legte einen Fehler des Hubschrauberpiloten nahe und machte Diversitätsprogramme bei der Flugsicherung für den Unfall mitverantwortlich.
40 Tote geborgen
Am Mittwochabend war nahe dem Hauptstadtflughafen Ronald-Reagan-Airport (DCA), der direkt am Potomac liegt, eine Passagiermaschine mit 64 Menschen an Bord beim Landeanflug mit einem Militärhubschrauber kollidiert.
Beide stürzten ins Wasser. An Bord des Helikopters waren drei Menschen.
Medienberichten zufolge wurden mittlerweile 40 Leichen geborgen. Hoffnung, noch Überlebende zu retten, besteht nicht mehr.