Äthiopische Menschenrechtskommission: 600 Tote bei Massaker
Beim Überfall auf eine Stadt in der Konfliktregion Tigray sind laut der äthiopischen Menschenrechtskommission mindestens 600 Zivilisten getötet worden.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei einem Überfall auf eine Stadt sind wohl mindestens 600 Zivilisten gestorben.
- Die äthiopische Menschenrechtskommission macht eine Jugendorganisation verantwortlich.
Am 9. November wurde die Stadt Mai-Kadra überfallen. Mehrere Hundert Zivilisten kamen dabei ums Leben.
Verantwortlich für das Massaker sei die Tigrayer Jugendorganisation Samri, erklärte das Gremium am Dienstag. Bei den Opfern habe es sich um Saisonarbeiter gehandelt, die nicht der Volksgruppe der Tigray angehörten.
Laut EHRC waren auch Polizisten und Milizionäre an dem Massaker beteiligt. Die Angreifer hätten «hunderte Menschen getötet», indem sie mit Schlagstöcken auf sie eingeprügelt oder mit Messern, Macheten und Beilen auf sie losgegangen seien. Darüber hinaus hätten die Angreifer Häuser zerstört oder geplündert.
Beerdigung der Opfer dauerte drei Tage
Möglicherweise handele es sich bei den Taten um «Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen», erklärte die EHRC weiter. Die Beerdigung der Leichen habe drei Tage gedauert. Die EHRC ist ein unabhängiges Gremium, das der Regierung jedoch nahesteht. Der Kommissionsvorsitzende Daniel Bekele wurde von Ministerpräsident Abiy Ahmed ernannt.
Bereits vor knapp zwei Wochen hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International unter Berufung auf Augenzeugenberichte und Bildmaterial von einem Massaker in Mai-Kadra berichtet.
Tausende fliehen in den Sudan
Wer für den Angriff verantwortlich war, konnte die Organisation nach eigenen Angaben zunächst nicht herausfinden. Sie hatte jedoch Augenzeugen zitiert, wonach der Überfall von Verbänden verübt wurde, die mit der Regierungspartei in Tigray, der Volksbefreiungsfront TPLF, verbündet sind.
In dem Konflikt um die Region im Norden des Landes bekämpfen sich die TPLF und die Armee der äthiopischen Zentralregierung in Addis Abeba. Äthiopiens Regierungschef, der Friedensnobelpreisträger Abiy, hatte am 4. November einen Militäreinsatz in Tigray angeordnet. Bei den Kämpfen wurden bereits hunderte Menschen getötet, mehr als 40'000 flohen in das Nachbarland Sudan.