Christchurch-Opfer wenden sich an Attentäter
Der Rechtsextremist Brenton Tarrant verübte 2019 in Christchurch ein Attentat. Nun sprechen Angehörige der Opfer über ihre Erlebnisse.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 15. März 2019 tötete Brenton Tarrant in Christchurch 51 Menschen.
- Angehörige der Opfer richten während dem Prozess ihre Stimme an den Rechtsextremisten.
- Dieser soll zu lebenslänglicher Haft verurteilt werden.
Die «Christchurch Attacks» bedeuteten für Neuseeland das Ende einer Idylle. Bis zum März 2019 lebten die Einwohner in der Illusion, dass Terror nur anderswo passiert. Dann griff ein Rechtsextremist zur Waffe. Jetzt machen vor Gericht die Opfer Trauer und Ärger Luft.
Angehörige von Opfern des Anschlags auf zwei Moscheen haben am Dienstag vor Gericht emotionale Worte direkt an den Täter gerichtet. Der Anschlag im neuseeländischen Christchurch forderte 51 Tote. Insgesamt kamen am zweiten Tag der Anhörung 31 Überlebende und Hinterbliebene zu Wort. Einige sprachen mit tränenerstickter Stimme und mussten sich während ihrer Erklärungen immer wieder sammeln.
Täter filmte das Attentat
Der 29-jährige Rechtsextremist Brenton Tarrant aus Australien hatte am 15. März 2019 muslimische Gläubige attackiert und 51 Menschen getötet. 50 weitere wurden verletzt.
Grosse Teile der Tat übertrug er per Helmkamera über Facebook direkt im Internet. Zuvor hatte er ein Manifest mit rassistischen und rechtsextremen Parolen per E-Mail verschickt und ins Netz gestellt.
Tarrant zerstört Leben und Vorurteile
Mirwais Waziri, der bei dem Massaker verwundet worden war, dankte dem Rechtsextremisten. Er habe der Welt gezeigt, «dass Terroristen keine Religion, Rasse oder Farbe haben».
Früher sei er selbst als «Terrorist» betitelt worden, weil er aus Afghanistan stamme. «Diese Bezeichnung bin ich dank Dir los», sagte er unter dem Applaus der Anwesenden.
Ein Mann erzählte, wie er ohne Kenntnis der Opfer Videoaufnahmen des grausamen Massakers im Internet gesehen habe. Seine Tante war im Linwood Islamic Centre – dem zweiten Tatort – erschossen worden. «Diese Bilder werden mich für den Rest meines Lebens verfolgen», sagte Kyron Gosse.
«Die Zerstörung, die er auf seinem Weg hinterlassen hat, war so brutal.» Es habe fünf Tage gedauert, bis Gosses Tante Linda Armstrong identifiziert werden konnte. Er bat den Richter Cameron Mander sicherzustellen, dass der Attentäter nie wieder einen Menschen verletzen könne.
«Der grösste Verlierer»
Auch die Witwe von Naeem Rashid sprach den Täter direkt an. Ihr Mann war einer der Helden an jenem blutigen Freitag: Er hatte sich dem Attentäter in den Weg gestellt und kurzzeitig auf ein Knie gezwungen. Kurz darauf starb er selbst im Kugelhagel.
Dank seines Mutes gewannen einige Moscheebesucher wichtige Zeit, die ihnen das Leben rettete. «Du bist der grösste Verlierer», sagte Ambreen Naeem an den Attentäter gewandt.
Längste Haftstrafe für schlimmste Gewalttat
Wie bereits am ersten Tag zeigte dieser sich die meiste Zeit ungerührt. Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe ohne Möglichkeit auf vorzeitige Entlassung. Dieses Strafmass ist in Neuseeland bislang noch nie verhängt worden. Seine Bluttat gilt als das verheerendste Gewaltverbrechen in der jüngeren Geschichte des Pazifikstaates.
Am Mittwoch werden weitere Betroffene sprechen. Anschliessend soll auch der Angeklagte die Möglichkeit haben, sich zu äussern. Das Urteil wird voraussichtlich am Donnerstag gesprochen.