Die türkische Politik macht die Bevölkerung depressiv
Die politischen Zustände in der Türkei schlagen auf das Gemüt der Bevölkerung: Mehr Menschen greifen zu Antidepressiva, um den Stress in den Griff zu bekommen.

Das Wichtigste in Kürze
- In der Türkei wird ein Anstieg des Gebrauchs von Antidepressiva verzeichnet.
- Grund dafür ist die unruhige Stimmung des Volkes gegenüber der Politik.
- Diese führt dazu, dass immer mehr Menschen an Depressionen und Angstzuständen leiden.
Im Jahr 2002 feierte die Partei der Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) von Präsident Recep Tayip Erdogan ihren ersten Wahlsieg — ein Sieg, der die türkische Gesellschaft spaltet. Wie ein Soziologe gegenüber der «NZZ» erklärt, werden die Menschen in Erdogans Politik in die Guten und die Schlechten unterteilt. Die Letzteren leben dabei in ständiger Angst vor Bestrafung.
Eine Konsequenz dieser Angst sind psychische Erkrankungen wie Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen. Klar wird das, wenn man sich die Zahlen des Gesundheitsministeriums anschaut. Sie zeigen, dass die Zahl der Erkrankten seit 2002 mehr als verdreifacht hat.
Mehr Unruhen, mehr Erkrankte
Wie die «NZZ» berichtet, konnte zwischen dem Jahr 2013, also nach den Gezi-Protesten, und dem Jahr 2015, nach der Eskalation des kurdischen Konflikts, ein massiver Anstieg im Gebrauch von Antidepressive beobachtet werden. So mussten in dieser Zeit 17 Prozent mehr Menschen auf Antidepressiva zurückgreifen.
Wie die Zahlen nach 2015 aussehen weiss man nicht, da die Regierung diese nicht mehr vorlegt. Psychiatrien in der Türkei sind allerdings nach wie vor komplett ausgelastet, was folgende Vermutung zulässt: Die Angst hält an und das Volk ist weiterhin gestresst.