Experte: Lage im Nahostkonflikt ist «brandgefährlich»
Die Explosion von tausenden Pagern tötete mehrere Hisbollah-Kämpfer. Hinter dem Angriff steckt wohl Israel – und verschärft damit den Nahostkonflikt.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei tausenden Pager-Explosionen im Libanon sind elf Hisbollah-Kämpfer getötet worden.
- Hinter der Attacke steckt Israel, ist sich der Nahost-Experte Hans-Lukas Kieser sicher.
- «Es ist der erste Schritt hin zu einem Libanonfeldzug», so der emeritierte Professor.
Koordinierte Explosionen tausender Pager im Libanon töteten Elf Hisbollah-Kampfer. Rund 2750 weitere wurden verletzt – etwa 170 davon lebensgefährlich. Dass Israel hinter der Aktion am Dienstagnachmittag steckt, ist zwar naheliegend, jedoch nicht offiziell bestätigt.
Trotzdem kündigt die schiitische Miliz auf Telegram Vergeltung für die «sündige Aggression» von Israel an.
Auch das libanesische Aussenministerium wirft Israel eine absichtliche Eskalation im Nahostkonflikt vor. Die Entwicklung sei «äusserst besorgniserregend», so UN-Sprecher Stéphane Dujarric.
Auch Nahost-Experte Hans-Lukas Kieser sieht hinter den Pager-Explosionen eine koordinierte Aktion von Israel. Es gebe keine andere plausible Erklärung dafür, sagt der emeritierte Professor der Universität Zürich zu Nau.ch.
«Blutiges Machtspiel» im Nahostkonflikt
Was führt Israels Machthaber Benjamin Netanyahu im Schild? Kieser: «Ihm geht es um Einschüchterung und den ersten Schritt hin zu einem Libanonfeldzug.»
Seit Oktober 2023 führe der israelische Ministerpräsident ein «blutiges Machtspiel mit den Hisbollah».
Daher sei die Lage im Nahostkonflikt von mehreren Seiten her «brandgefährlich». Der Historiker sagt: «Israels Regierung sucht ihr Heil in militärischen Aktionen.» Und nicht in Schritten hin zu einem Friedensplan, wie sich das Israels engsten Verbündeten – die USA – wünsche.
«Jetzt oder nie»-Moment
Gemäss dem US-Nachrichtenportal «Axios» kommt die Pager-Aktion nicht zu einem beliebigen Zeitpunkt. Israel soll die Explosionen über längere Zeit geplant haben – jetzt musste sie der jüdische Staat wohl umsetzen.
Nahost-Experte Andreas Böhm erklärt gegenüber Nau.ch: «Nach Informationen aus Israel und dem Libanon war diese Aktion eigentlich zur Vorbereitung eines allfälligen Einmarsches geplant gewesen.» Doch in der israelischen Führung soll man demnach befürchtet haben, dass die manipulierten Pager auffliegen, so der Professor der Universität St. Gallen.
Laut dem US-Nachrichtenportal hätten zwei Agenten der Hisbollah einen entsprechenden Verdacht geäussert. Ein US-Beamter spricht sogar von einem «Jetzt oder nie»-Moment. Israel wollte die Pager-Aktion lieber jetzt schon in die Tat umsetzen, als zu warten und die Operation zu gefährden.